Das Loch

Hab einigermaßen gut geschlafen. Einzig das gestern Nacht die Zeitumstellung von Sommerzeit auf Winterzeit war hat mich etwas verwirrt. Die öffentlichen Uhren an den Stadttürmen waren beispielsweise noch nicht umgestellt und auch die Zeit auf meinem Handy die ich übers Internet synchronisiert hab lieferte zwei Zeiten, je nachdem welche Synchronisationsmethode ich benutzte. Kurz gesagt ich lebte heute eher zeitlos. Da Jonathan und ich heute abend den Sonnenuntergang (Wie praktisch, dass das eine universelle, von Uhren absolut unabhängige Zeitangabe für ein Treffen ist) mit ein paar Bier am Meer anschauen wolten, hab ich mich mal auf den Weg zum einzigen Supermarkt der Stadt gemacht. Ich wusste nicht genau wo der ist, bin einfach mal den Schildern die sporadisch am Straßenrand hingen gefolgt. Es ging natürlich raus aus der Medina, in den Teil den man in anderen Städten wohl die moderne Neustadt nennen würde. Mit modern war hier aber wenig los. Die Straße die ich entlang lief war wie aus der Berichterstattung aus einem Kriegsgebiet. Ausgeschlachtete, teilweise ausgebrannte Autos, verfallene und eingestürzte Häuser, viel Müll und Schutt auf der Straße.

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Dann plötzlich eine Menschenmasse auf der Straße und ich kam in eine Art Flohmarkt/Markt. Muss sehr regional gewesen sein, in den tausenden Leuten entlang des etwa einen Kilometer langen Straßenmarktes hab ich nur eine einzige Person gesehen von der ich sicher war, das es sich wie bei mir um einen Reisenden handelt. War also überhaupt nichtauf Touristenabzocke ausgelegt und so war es auch mal ganz schön über einen Markt zu laufen ohne ständig auf englisch aufgefordert zu werden was zu kaufen oder in den Laden zu kommen. Auch was da verkauft wurde hat mich ganz schön zu nachdenken angeregt. In was für einer Überflussgesellschaft wir doch leben. Sicher 90% von dem wäre in Deutschland nicht aufm Flohmarkt sondern aufm aufm Schrottplatz gelandet. Alte Autoreifen mit Profil das sich nur noch erahnen ließ, schrottreife Fahrräder, stark durchgerostete Schaufelblätter ohne Stiel, kaputte Möbel aller Art, einzelne Motorteile, wohl aus einer Europalette rausgebrochene Bretter und noch viel mehr. One man’s trash is another man’s treasure. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Den Supermarkt hab ich dann auch irgendwann erreicht. Nach französischem Vorbild was man sich halt unter nem Supermarkt vorstellt. Nur Bier gab’s keins. Dafür hab ich mich an lokal produzierte Wurst gewagt. 200 Gramm für 5 Dirham, meine Erwartungen waren gering, aber ich hatte schon länger keine Wurst mehr aufm Brot. Dann bin ich wieder zurück Richtung Medina gelaufen und hab dann durch fragen doch noch nen „Alcohol Shop“ gefunden. Offenbar der einzige Ort in der Stadt an dem man Alkohol kaufen kann. Da gab’s dann 6 25cl Dosen für je 11 Dirham, eigentlich ein halbwegs akzeptabler Preis. Dann bin ich zurück zum Hostel und hab auf der Terrasse mein Mittagessen, Baguette mit der Wurst ausm Supermarkt, gegessen. Meine Erwartungen an die Wurst wurden sogar noch untertroffen. Aber wenn man Hunger hat…Dann bin ich ganz hoch aufs Dach vom Hostel geklettert und hab mir die Medina mal von oben angeschaut.

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Verglichen mit anderen Städten sah diese hier sehr heruntergekommenen aus. Überhaupt wirkte die gesamte Stadt auf mich sehr dreckig. In den Straßen der Medina war viel Müll, viel tote Katzen, viele Katzen bei denen es nicht mehr lange dauern würde bis sie’s auch hinter sich haben und ab und zu kam ein Geruch daher dass man sich nach dem Fischduft am Hafen sehnte.Nachmittags bin ich dann an den Strand gegangen. War wohl grad Ebbe. Der Strand war sehr flach, lauter kleine Wellen aber auch hier mehr Müll als gut für einen Strand ist. Ich bin dann nur ein paar Stunden am Strand in der Sonne gelegen. Glücklicherweise bin ich wohl inzwischen so sonnenresistent, dass ich obwohl ich ohne Sonnencreme eingeschlafen bin keinen Sonnenbrand gekriegt hab.

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Jonathan, Maare und ich am Meer kurz vor Sonnenuntergang


Dann nochmal zum duschen zurück ins Hostel und dann zum Sonnenuntergang zurück ans Meer. Dabei bin ich zufällig auf Maare getroffen die heute auch in Essaouira angekommen ist und hab sie dann gleich mitgenommen. Jonathan haben wir dann auch ziemlich schnell gefunden und so haben wir den Sonnenuntergang bei ein paar Bier angeschaut. War wirklich sehr schön.
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Danach wollten wir ne Kleinigkeit essen gehen und haben uns im vorbeigehen für Nutella Crêpes entschieden. Ausgeschrieben für 14 Dirham das Stück wollten wir mal sehen ob auch da was handeln geht. Wir wollten insgesamt nur 30 Dirham zahlen. Der erste Laden wollte sich nicht drauf einlassen. Der nebenan erst auch nicht dann sind wir halt weiter, aber ich war mir fast sicher, dass uns einer der Läden zurück rufen würde und unseren Preis annimmt. So wars dann auch, kaum dass wir 15 Meter weiter gelaufen sind. Mit großem Trara wurde Rücksprache mit dem Chef gehalten und dann stand der Deal. Waren zwar nur 4 Dirham pro Person aber die haben die Crêpes um so süßer schmecken lassen. Inzwischen muss ich wirklich sagen ich liebe das Gefeilsche um den Preis.Dann wollten wir noch irgendwo was trinken gehen aber wir wollten nicht nochmal in den selben Laden wie gestern wo das Bier so teuer war. Also sind wir mal zu meinem Hostel gegangen und haben gefragt ob die auch Bier verkaufen, tun sie aber nicht. Konnten oder wollten uns auch keine Alternative nennen. Dann sind wir in Maares Hostel und haben da gefragt. Der hat uns dann auch gezeigt wo wir hingehen müssen. Erstaunlicherweise in der Medina, wenn man den Namen der Bar aus dem arabischen übersetzt heißt die Bar wohl „Das Loch“. Als wir da angekommen sind war mir auch klar warum die Leute aus meinem Hostel nichts darüber gesagt haben, denn die kannten den Ort sicher. Es handelt sich hierbei offenbar um ein gut gehütetes Geheimnis der Stadt, zum einen will man für die Touristen den Anschein einer muslimischen Stadt in der Alkohol wie üblich verpönt ist wahren und zum anderen will man die Bar wohl selbst vor dem Touristenansturm schützen. So kam es dann auch, das wir nicht nur die einzigen nicht-Einheimischen in der Bar waren, Maare war auch die einzie Frau unter gut 100 Männern. Es wurde Bier für 15 Dirham ausgeschenkt und es gab sogar kostenlose Linsensuppe serviert. Tja, wirklich jeder hier hat ordentlich getrunken wie es sich für eine Bar gehört, aber das es sowas hier gibt, vor allem in der Medina, hätte ich im Traum nicht geglaubt. Ich konnte hier sogar meine dritte einheimische Biersorte abgesehen von Especial und Flag probieren:

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War ein toller Abend mit vielen netten Unterhaltungen und Überraschungen.

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