Streß pur

Heute musste ich schon um sechs Uhr aufstehen um rechtzeitig in Washington anzukommen. Ich hab nämlich mit Anthony, meinem Couchsurfing Host für die nächsten paar Tage, ausgemacht, dass ich meine ganzen Sachen bei ihm vorbei bring bevor er zur Arbeit geht, damit ich nicht all das Zeug vom Flughafen wo ich den Mietwagen abgeb bis nach Downtown schleppen muss.
Laut Navigationssystem im Handy sollte es eineinhalb Stunden bis zu seiner Adresse sein, ich hab aber mal n bisschen mehr Zeit eingeplant wegen Verkehr und so. Die Fahrt dort hin ging auch ganz gut, solange bis wir in die Metropolregion kamen. Dann hat das Navi plötzlich angefangen mich die bescheuertsten Wege fahren zu lassen. Hab mich drüber aufgeregt, es hat mich Zeit gekostet, aber im Endeffekt kam ich doch noch um halb neun bei Anthony an. Ne ganz schöne Gegend, zwanzig Minuten vom Weißen Haus und lauter so schöne Altbauten.
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Anthony war auch schon wach und wir haben meine Sachen nach oben in sein Appartement gebracht. Ich war nicht der einzige Gast, zwei andere Couchsurfer aus Frankreich waren auch gerade noch zu besuch. Wirkten aber noch sehr verschlafen.
Weil ich noch tanken musste und das Auto noch etwas putzen wollte hab ich auch nicht zu viel Zeit verstreichen lassen bis ich mich auf den Weg zum Flughafen gemacht hab.
Und dann ging’s erst los. Mein Handy hat plötzlich keinen GPS Empfang mehr gekriegt. Also keine Chance das Navi zu benutzen. Dann musste ich halt so losfahren, auf die großen Straßen drauf und irgendwann wird da wie in jeder normalen Stadt schon mal ein Schild zum Flughafen weisen.
Autofahren in Washington macht keinen Spaß. Nachdem ich grob die richtige Richtung zur Interstate gefunden hab (natürlich überall Einbahnstraßen) war da kein Hinweis auf den Flughafen. Aber da er sich nördlich von Washington befindet bin ich eben auf die North Auffahrt der Interstate gefahren. Die führte natürlich in die falsche Richtung, mitten ins Herz der Stadt. Alleine das Umdrehen hat mich 20 Minuten und eine schier unvorstellbre Menge Nerven gekostet. Irre viel Verkehr, dann darf man nirgends wenden, dann darf man weder links noch rechts abbiegen und kommt immer weiter von der Interstate auf der man eigentlich nur wenden wollte weg. Dann sind überall Einbahnstraßen. Dann gerate ich unter Zeitdruck den Wagen pünktlich um halb zwölf abzugeben. Dann leuchtet das Reservelicht auf und der Sprit geht zur Neige. Und mein GPS funktioniert immer noch nicht.
Es ist wirklich lange her, dass ich mich das letzte mal so unter Streß gefühlt hab. Irgendwie hab ichs dann doch auf die Schnellstraße zum Airport geschafft. Ich dacht mir, „Gut, da kannste jetzt noch schnell tanken bevor du wie damals mitm Roller in Spanien liegen bleibst“. Aber Pustekuchen. Die Schnellstraße zum Flughafen hatte keine Abfahrten und damit auch keine Tankstellen, denn die führt halt nur zum Flughafen. Das war dann glaub ich so der Punkt an dem ich mich einfach dem Schicksal gefügt hab und es einfach geschehen ließ. Whatever will be will be.
Auf der Fahrt hab ich nur mal so nochmal gecheckt wieviel es mich denn kosten würde wenn ich den Wagen nicht voll getankt zurück bringen würde. Saftige 10$ pro Galone. Das wären halt auch nochmal 80$ drauf. So was von unnötig.
Aber irgendwann kam ich im Flughafen an, und da war sogar noch eine Tankstelle. Ich konnte mein Glück kaum fassen.Und die Preise an der Tankstelle waren auch gar nicht so überzogen, so dass ich für 36$ den Tank voll gekriegt hab.
Dann noch schnell die letzten Kleinigkeiten zusammen gepackt, groß zum saubermachen hatte ich keine Zeit mehr. Aber ich war trotzdem noch im Zeitplan und hab es tatsächlich geschafft die Karre pünktlich abzugeben. Es kamen auch keine Extrakosten mehr dazu. Auch eine Erleichterung. Alles in allem waren das jetzt laut Rechnung 260$ für 14 Tage und 1904 Meilen. Und die Versicherung hab ich mir natürlich gut gespart, das wären sonst nochmal gute 280$ mehr gewesen.
Völlig erleichtert hab ich mich dann in den Bus gesetzt der mich vom Flughafen zurück nach Downtown Washington bringen sollte. Dauerte auch ne knappe Stunde, denn der Flughafen liegt schon ziemlich weit außerhalb.
In Washington angekommen hatte ich noch etwas Zeit totzuschlagen, denn ich hatte noch keinen Schlüssel für Anthonys Appartement und der kam erst gegen fünf von der Arbeit. Also bin ich so relativ ziellos etwas durch Washington geschlendert und hab mir mal grob angesehen was es denn überhaupt so zu sehen gibt. Eine Unmenge von Museen, Denkmälern und Parks. Da dürften die nächsten Tage gut gefüllt sein.
Als es dann so auf drei Uhr zuging hab ich mich langsam mal nach einer Bar umgeschaut die das Spiel Deutschland-Algerien überträgt. Hab auch welche gefunden. Auf ein Irish Pub fiel meine Wahl. Bin reingegangen, hab mich hingesetzt und erst mal die Getränkekarte studiert, man will so ein Spiel ja nicht mit trockener Kehle anschauen. Solche Preise hätte ich allerdings nicht erwartet. Das günstigste Bier war bei 7$ plus Steuern und Trinkgeld. Wow, aber da musste ich wohl durch. Oder auch nicht, denn es kam einfach auch keine Bedienung um meine Bestellung aufzunehmen. Das hab ich dann als Wink des Schicksals genommen und mich aus dem Staub gemacht.
Auf der Suche nach Alternativen stachmir in einem Schaufenster plötzlich was deutsches ins Auge. Also tatsächlich deutsche Sprache. Ich stand vorm Goethe Institut. Von wegen deutscher Kultur und so… die könnten das Spiel ja eigentlich übertragen, dacht ich mir. Schnell mal am Empfang nachgefragt und tatsächlich, die übertragen das Spiel. Die Tatsache, dass ich das Spiel also womöglich in Begleitung anderer deutscher Fans sehen konnte stimmte mich schonmal sehr glücklich. Im Foyer war ich auch bald nicht mehr der einzige, denn ich war noch sehr früh dran, es trudelten immer mehr ein. Dann hab ich ncoh erfahren, dass man sogar seine eigenen Getränke mitbringen kann. Also bin ich schnell noch in die Apotheke über der Straße und hab einen paar Bier gekauft. Deutsches natürlich, das musste schon sein. Ne Flasche Beck’s kostet hier so etwa 1,2$, was doch deutlich günstiger als die 7$ im Pub ist.
Pünktlich um dreiviertel Vier (sehr deutsch) wurden wir dann alle in die Aula gelassen wo der Beamer schon lief. Dass ich so viele Deutsche um mich haben würde hab ich echt nicht für möglich gehalten. Wir waren so um die hundert Leute und fast alle haben deutsch geredet. Sehr cool. Die Atmosphäre während des Spiels war wie man sich denken kann auch um Welten besser als beim letzten Spiel das ich im Ruby Thursday gesehen hab.

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In der Halbzeitpause


Großartiges Spiel, großartige Atmosphäre, nette Leute und das Ergebnis hat am Ende auch gestimmt. Zu alledem wohnte Anthony auch nur ein paar Blocks weiter und ich bin recht schnell dort angekommen. Inzwischen waren auch nochmal zwei weitere Couchsurfer bei ihm aufgetaucht, ein deutsches Pärchen. Zu sechst in dem zwei Zimmer Appartement wurds da schon etwas gemütlich. Zum Abendessen haben wir noch schnell Zeug eingekauft um Tacos zu machen, die auch ausgezeichnet geschmeckt haben. Den Abend habdn wir in Anthonys Wohnzimmer verbracht, bei etwas Wein und guter Unterhaltung. So ist dieser Tag der so stressig began doch noch zu einem entspannten Ende gekommen.
Von wegen Couchsurfing: Alle konnten wir natürlich nicht auf der Couch schlafen, es gab nur eine. Der Rest schlief auf dem Boden, wir waren ja alle mit Isomatten ausgestattet.

Harpers Ferry

Heute morgen war nach kurzem Frühstück die Weiterfahrt angesagt. Alles ins Auto gepackt und los gings. Wohin genau wusste ich noch nicht, das Auto muss ich erst morgen abgeben und bis nach Washington waren es nur noch 100 Meilen, ich hatte also keinerlei Streß. Ich hab einfach mal drauf vertraut, dass mir unterwegs schon was einfallen wird. Ich bin gegen 10 Uhr vom Campingplatz losgefahren, den Skyline Drive nach Norden. Es gab noch ein paar schöne Aussichtspunkte auf der Strecke.

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Auch in Skyland hab ich kurz gehalten, das ist so ein Resort ungefähr in der Mitte des Skyline Drives. Da gab’s aber nicht viel zu sehen. Kurz nachdem ich wieder ins Auto gestiegen bin und weiterfuhr hatte ich die Gelegenheit mich zu revanchieren für all die vielen Male wo ich unterwegs schon per Anhalter gefahren bin. Ich hab einen Wanderer am Straßenrand gesehen der in meine Richtung wollte. Bin gleich rechts rangefahren und hab den Beifahrersitz freigemacht. Er hieß Richard, kommt aus Washington DC und war den Vormittag über wandern und wollte jetzt zu seinem Auto zurück. Da er aus der Gegend ist hab ich ihn gleich mal gefragt was es denn hier noch zu sehen und tun gibt wenn ich noch nen Tag rumzubringen hab. Er meinte dann ich soll mir Harpers Ferry anschauen, eine kleine Stadt am Zusammenfluss von Potomac und Shenandoah die sowohl im Bürgerkrieg als auch sonst historisch von Bedeutung war. Ein Hostel wäre da auch gleich um die Ecke. Gut, damit hat sich meine Planlosigkeit auch erledigt. Nachdem ich Richard zwanzig Meilen später bei seinem Auto abgeliefert hab bin ich die restlichen dreißig Meilen des Skyline Drive zuende gefahren bis ich am Nordende des National Parks rauskam. Mit nur 30 Meilen pro Stunde Speed Limit hat sich das hingezogen, aber schneller fahren wäre auch Schwachsinn gewesen, denn das ist eine Straße über die man nicht rast sondern gleitet. Wirklich was fürs Auge.
Harpers Ferry war auch eine halbe Stunde später schon erreicht. Auch ein National Park der 15$ Eintritt gekostet hätte, ich bin mit meiner brandneuen Jahreskarte aber umsonst reingekommen.
Vom Parkplatz aus ging es im Shuttlebus in die eigentliche Stadt, die wie schon erwähnt am Zusammenfluss von Potomac und Shenandoah liegt. Doch nicht nur die beiden Flüsse kommen hier zusammen, auch die Staaten West Virginia (Harpers Ferry, zwischen beiden Flüssen), Virginia (Rechts des Shenandoah) und Maryland (Links des Potomac) kamen hier zusammen. Mit all den hochaufragenden Bergen ringsum sah dieser Durchbruch schon echt stark aus, dem Donaudurchbruch bei Weltenburg nicht unähnlich, aber größer.
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Harpers Ferry selbst war eine im Kern erhaltene Stadt aus dem 19. Jahrhundert, mit alten Häusern die praktisch als begehbare Museen vom National Park geleitet wurden. Da gab es den Kramerladen, einen Bookstore, eine Kneipe und noch mehr. Hat einen recht guten Eindruck der damaligen Zeit vermittelt. Auch die Geschichte des Ortes im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg um 1860 wurde gut dargestellt. Alles in allem auf jeden Fall einen Besuch wert.
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Ich bin dann noch ein kurzes Stück auf dem Appalachian Trail gelaufen, genauer gesagt über die Eisenbahnbrücke von West Virginia nach Maryland.
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Über die Brücke nach Maryland


Als Abschluss meines Besuchs hier ging es noch etwas nach oben, zum Jefferson Felsen, auf dem der damalige President gestanden und die Aussicht genossen hat.
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Danach gings wieder zurück zum Auto. Im Internet hab ich gelesen, dass man in dem Hostel das mor Richard empfohlen hat nicht nur für 30$ die Nacht im Schlafsaal schlafen kann, es gibt auch die Möglichkeit für nur 6$ im eigenen Zelt zu schlafen. Ideal. Diese Möglichkeit nutzen viele der Appalachian Trail Wanderer, von denen ich auch mehrere im Hostel getroffen hab. Hab mich ganz gut mit denen unterhalten. Das wär schon auch nochmal was was mich reizen würde. Der Appalachian Trail führt wie man schon vermuten kann die Appalachen entlang, über 2700 Meilen. Je nach Geschwindigkeit ist man vier bis sechs Monate unterwegs. Dagegen sieht meine Donauwanderung schon etwas bescheiden aus… Aber nicht dieses mal, vielleicht wenn ich mal wieder komm und immer noch über so viel Zeit verfüg, vielleicht mach ich mich dann mal auf den Weg. Ein paar kurze Stücke des Trails bin ich ja schon gelaufen und die Appalachen in denen er verläuft sind wirklich wunderschön.
Am Hostel hab ich wie gesagt zur voraussichtlich letzten Nacht im Zelt für die nächste Zeit eben dieses aufgebaut. Neben recht anregenden Gesprächen mit anderen Wanderern haben wir uns auf der Terrasse des Hostels über einen Beamer noch den Film Zoolander angeschaut. Hilarious.

Blue Ridge Mountains

Tja, die ganze Nacht hats so richtig schön durch geregnet. Und gestoppt hats eigentlich auch erst so gegen zehn. Richtiges Wetter zum einfach liegen bleiben, den Schlafsack nochmal etwas enger ziehen, einmal rumdrehen und noch ne Runde weiter schlafen. Bei dem Wetter gibt’s eh nichts besseres zu tun. Ich bin nur mal wieder froh gewesen nicht am Zelt gespart zu haben. Trotz absolutem Dauerregen 100% wasserdicht.
Nachdem ich richtig wach war und noch etwas gelesen hab bin ich gegen elf aufgestanden und hab erst mal was zu Essen gekocht. Nudeln mit Tomatensauce und schönen Bacon Stückchen drin.
Danach war ich etwas unentschlossen was ich nun tun sollte. Das Zelt war nass, so konnt ich das nicht einpacken. Um zwölf sollte ich aber den Platz geräumt haben. Direkt nach durch die Gegend wandern auf einem der vielen Wanderwege hier war mir wegen dem Wetter auch nicht, es war recht kühl und sah immer noch etwas nach Regen aus. Außerdem hatte ich hier oben keinen Handy Empfang und ich musste mehr oder weniger dringend Rücksprache mit den Couchsurfern aus Washington halten ob mich von denen jemand aufnehmen kann. So richtig wollte ich zu keinem Entschluss kommen was ich jetzt machen soll, deshalb und weil das Buch grad so spannend war, hab ich noch n bisschen gelesen.
Gegen zwei musste dann aber mal was passieren. Ich hab also nochmal 15$ gezahlt um eine weitere Nacht auf dem Campground bleiben zu können. Anschließend hab ich mich ins Auto gesetzt und bin zu einem, wie der Amerikaner so schön sagt, Leisure Drive aufgebrochen. Einfach ins Auto setzen und ganz gemütlich (Speedlimt 35 MPH) und mit guter Musik den Skyline Drive entlang fahren. Ab und zu an einem der vielen Aussichtspunkte anhalten und den Blick nach Osten oder Westen ins Tal schweifen lassen. War auch echt mal wieder cool, so Autofahren um des Fahrens willen. So richtig hab ich das das letzte mal gemacht als ich meinen Führerschein bekommen hab. Einfach einsteigen und ziellos durch die Gegend fahren. Dieses Hobby wurde mir aber auch bald zu kostspielig, aber in den USA kann man das noch machen.
An einer der vielen Aussichtspunkte hatte ich sogar Empfang auf dem Handy und ich konnte die Couchsurfing Nachrichten schreiben. So wie’s im Moment aussieht bieten sich gleich zwei Leute an mich für ein paar Tage aufzunehmen. Das ist schon mal ne gute Nachricht.
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So ziemlich in der Mitte des Parks hab ich angehalten und bin ein bisschen über die Big Meadow spaziert, die größte und fast einzige baumfreie Fläche hier im Park.
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Weiter ging’s im Auto entlang den Skyline Drive. Inzwischen war das Wetter auch etwas besser und ich hab mich entschieden doch noch nen Trail zu wandern. Hoch zum Hawksbill Summit, dem höchsten Berg im Park. Als ich da am Parkplatz vorbei fuhr war aber schon alles zugeparkt und so wie die ganzen fetten Pickups einfach im Gras parken wollt ich auch nicht, hab ja keine Versicherung fürs Auto und wer weiß wie sicher es für das kleine Auto ist sich da einfach in die Wiese zu stellen. Da können ja sonst welche Felsen im Gras lauern gegen die ich lieber nicht fahren möchte. Deshalb bin ich stattdessen weiter gefahren, hab mir noch einen weiteren Aussichtspunkt angesehen und bin dann umgedreht in der  Hoffnung, dass in der Zwischenzeit ein Parkplatz frei geworden ist. Das ist dann auch tatsächlich der Fall gewesen und ich konnte mich fettig machen den Gipfel zu stürmen. Laut Infotafel am Trailhead sind für die 1,7 Meilen hoch und runter zwei Stunden Zeit veranschlagt und ich hab mich schon gewundert wie abartig steil das dann da hoch gehen muss. Tatsächlich war ich in zwanzig Minuten am Gipfel, inklusive Fotopause für ein Reh.
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Baumstamm auf dem Weg nach oben


Ich nehme an die zwei Stunden waren für den Durchschnittsamerikaner gedacht und da leg ich doch ein etwas schnelleres Tempo vor.
Die Aussicht am Gipfel war auch wirklich schön, inzwischen haben sich so gut wie alle Wolken verzogen. Trotz des etwas kühlen Windes da oben hat die Aussicht doch zum Verweilen eingeladen. Ist zwar noch Virginia und nicht West Virginia, trotzdem kann ich John Denver verstehen wenn er seine Country Roads anfleht ihn nur schnell nach Hause zu bringen, zu den Blue Ridge Mountains and Shenandoah River.


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Der Weg nach hinab zum Auto ging ebenso flott wie nach oben. Trotzdem wars jetzt schon knapp sechs Uhr und ich hab mich wieder auf den Weg zurück zum Campground gemacht. Dort wollte ich mir für einen Dollar nochmal nen ganz besonderen Luxus gönnen: 5 Minuten duschen. Immer wieder ein gutes Gefühl frisch gewaschen in saubere Klamotten zu steigen.
Als es so auf den Abend zu ging wurde es auch langsam immer kühler. Es wurde sogar so kalt, dass ich mal wieder meinen Fleecepulli anziehen musste. Damit wars dann angenehm. Auch die zwei heißen Becher Fertigsuppe haben gut gewärmt. Ich geh mal davon aus, dass es in Washington wieder wärmer wird. Jeden Tag möcht ich den Pulli nämlich nicht anziehen.

Shenandoah National Park

Ich hab heute verhältnismäßig gut geschlafen, zumindest besser als meine letzte Nacht im Auto. Man hat einfach auch mehr Beinfreiheit wenn man den Fahrersitz umklappt als sich quer auf die Rückbank legend.
Gegen acht Uhr bin ich aufgestanden, es war ein wolkenloser blauer Himmel der mich an diesem Morgen grüßte. Geplant hatte ich für heute in den Shenandoah National Park zu fahren. Wie üblich gibt’s da auf jedem Campingplatz einen Grill, also bin ich nochmal in den Walmart gagangen um dort ein paar saftige Steaks und Grillkohle zu kaufen. Und einen Sack Eis, denn was würde zu einem herrlichen Steak besser passen als ein eiskaltes Bier?
Dann hab ich noch ne gute Stunde damit verbracht mich nach Hostels in Washington DC umzusehen, denn es dauert ja nicht mehr lange bis ich da ankomme und wenn dann am 4. July der Independence Day ansteht muss sogar ich wahrscheinlich ein Hostel im voraus reservieren. Reserviert hab ich aber noch keins, mich nur mal über die Preise informiert. Man kann so 30$ aufwärts pro Nacht rechnen. Für für fünf Nächte geht das schon etwas ins Geld, deshalb hab ich gleich noch ein paar Anfragen auf Couchsurfing rausgeschickt um vielleicht kurzfristig noch jemanden zu finden der mich umsonst auf seiner Couch schlafen lässt.
Nachdem das alles erledigt war hab ich noch eine Nachricht von Zuhause gekriegt wonach ich Post gekriegt hab die mich daran erinnern soll, dass meine letzte Tollwut Impfung nun fällig wäre. Ist also tatsächlich schon ein Jahr rum seit ich unterwegs bin…
Weil im Walmart auch immer eine Apotheke drin ist dacht ich mir ich hol da gleich den Impfstoff und lass mich dann in irgendeinem Krankenhaus impfen.
Doch da kam schon die erste Überraschung: der Impfstoff wird hier nicht in den Apotheken verkauft, ich soll mein Glück mal in nem Health Center versuchen.
Also gut, Google gefragt wo das nächstgelegene Health Center ist und mich auf den Weg gemacht. Dort angekommen staunte ich erst mal nicht schlecht, mich erwartete ein riesiger Prachtbau in einer Landschaft die gut und gerne ein Country Club hätte sein können. Da schlug mein Kostenradar natürlich gleich mal Alarm, denn was so aussieht ist niemals günstig. Schon gar nicht in den USA.
Ich bin also da rein und hab mein Anliegen an der Information erklärt, ich bräuchte eine Tollwut Auffrischung. Etwas verwundert wurde ich weiter geschickt zur Notaufnahme. Auch hier alles nur vom feinsten. Ich war schon froh, dass ich für die Wegbeschreibung zur Notaufnahme nichts zahlen musste. Dort hab ich meine Story nochmal erzählt und ein Pfleger erklärte mir dann man würde hier in den USA nicht gegen Tollwut impfen, nur wenn man sich infiziert hat gibt es eine aktiv Immunisierung. Ich könne aber genre auch einen Arzt dazu befragen wenn mir seine Auskunft nicht reicht. Die Frau am Empfang war auch gleich bereit eine Patientenakte für mich anzulegen. Als ich mal gefragt hab war mich diese Frage an den Arzt jetzt denn kosten würde meinte sie das kann sie nun wirklich nicht sagen. Nicht mal ne Schätzung wollte sie abgeben. Das war mir dann doch deutlich zu viel Risiko, man weiß ja, dass die Kosten für Health Care in den USA gerne mal auch bei Kleinigkeiten in den vierstelligen Dollar Bereich gehen, und eine einfache Impfung wird von keiner Auslandsreisekrankenversicherung übernommen.
Was das Thema Gesundheitsfürsorge für die breite Masse der Bevölkerung angeht sind die USA in der Hinsicht halt immer noch ein Dritte-Welt-Land. Gesundheit muss man sich dort wirklich leisten können. Da haben wirs in Europa hingegen echt gut.
Ich bin also also ohne da was zu zahlen abgezogen und wollte mit meinem Arzt in Deutschland nochmal Rücksprache halten was denn da nun am besten zu tun ist.
Ich hab mich dann weiter auf den Weg zum Shenandoah National Park gemacht und kam da auch nach ner guten Stunde an. 15$ Eintritt sollte das kosten. Ich hab aber gleich den America The Beautiful Pass genommen, der kostet 80$ und gestattet einem ein Jahr lang freien Eintritt in allen National Parks.
Der Park läuft entlang der Blue Ridge Mountains die sich von Süden nach Norden erstrecken und Teil der Appalachen sind. Die erheben sich hier etwa einen Kilometer über das übrige Umland. Mein Weg führte mich dann über den berühmten Skyline Drive nach Norden, am Bergrücken entlang mit wunderschönen Blicken zur linken und rechten Seite ins Tal.
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Mein erster Gedanke war hier einfach mal das Zelt aufzuschlagen und mal einen etwas relaxteren Tag einzulegen. Ohne viel rumlaufen, einfach etwas entspannen, ein Buch lesen, abends ein schönes Steak grillen. Den größten der vier Campingplätze hab ich auch gleich angesteuert, Big Meadow Campground. Die liegen hier alle entlang des Skyline Drive. Dort hab ich auch schon die ersten Wildtiere gesehen.
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Am Eingang zum Campground musste ich allerdings feststellen, dass die Nacht hier 20$ kostet, ich hab allerdings irgendwo was von 15$ gelesen. Also nochmal schnell die Fakten gecheckt und tatsächlich: Der Lewis Mountain Campground an dem ich schon vorbei gefahren bin verlangt nur 15$. Also bin ich nochmal dahin zurück gefahren.
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Dort gab’s auch noch freie Plätze und ich hab mir einen genommen. Zelt aufgebaut, Schlafsack und Isomatte rein, und dann den Tag einfach nur ganz entspannt ausklingen lassen. Gegen halb sieben kam ein Park Ranger vorbei der für eine Activity um halb acht geworben hat. Die wollte ich mir noch ansehen.
Das war dann ein Vortrag über die Geschichte des National Parks und speziell dieses Campingplatzes. Durchaus interessant. Vorallem wusste ich nicht, dass Virginia zu den Südstaaten zählt und noch bis zu den 60ern richtige Rassentrennung hatte. Um genau zu sein ist der Campground auf dem ich gerade bin als Designated Negro Campground gegründet worden.
Danach gings weiter an den Grill. Es war hier nicht nur etwas kühler als ich es das letzte Jahr über hatte, knapp unter zwanzig Grad, sondern es sah auch verdächtig nach Regen aus. Hab nur gehofft, dass es hält bis ich fertig gegrillt hab. Das hat es zum Glück auch. Gerade als ich den letzten Bissen (Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bisher immer das falsche Fleisch gegrillt hab, es gibt nichts besseres als den Geschmack von nur mit etwas Salz gewürztem, unmariniertem Rindfleisch. Genau so angegrillt, dass es außen rum schon etwas krustig wird, aber innen drin noch richtig saftig ist. Und dann noch schön mit Fett durchzogen. Sagenhaft) durchgeschnitten hab hats richtig angefangen zu schütten. Zelt war zum Glück schon aufgebaut, ich bin aber trotzdem ins Auto um etwas bequemer im sitzen und mit Radio noch diese Zeilen zu schreiben.
Und tatsächlich scheint es in Virginia gerade heftiger zu regnen. Jedenfalls hab ich gerade beim Radiohören eine Unterbrechung gehört. Gerade kommt noch das Lied, plötzlich drei kurze Pieptöne gefolgt von einem langen und dann kam eine Ansage vom National Weather Service die sich anhörte wie über Funk, dass dieses und jenes County heute Nacht mit Überflutungen zu rechnen hat. Dann wieder die Pieptöne und der Radiosender war wieder da. So was hab ich auch noch nie gehört. Naja, auf einem Bergrücken werd ich wohl von keine Überflutungen befürchten müssen.

Fußball und Rallye

Heute hab ich ausgezeichnet geschlafen. Alle Sachen ins Auto gepackt und los geht’s. Dieses Sugar Hollow in dem ich übernachtet hab ist eine ganze Parkanlage aus der ich nun wieder rausfahren musste. Der Campingplatz hat da nur einen kleinen Teil davon ausgemacht. Der ganze Park war top gepflegt, hätte auch ein Golfclub sein können.
Ich bin gleich rauf auf die Interstate weil ich bis um elf Uhr die nächste größere Stadt erreichen wollte. Denn um zwölf Uhr mittags war das Spiel Deutschland USA und das wollt ixh mir schon irgendwo anschauen. Die nächste größere Stadt war Wytheville. Ich bin direkt zur Touristeninfo gefahren und hab nachgefragt wo ich das Spiel wohl am besten sehen kann. Ich wurde zu Ruby Tuesday geschickt, ein Restaurant das auch über eine Sportsbar verfügt. Dort hab ich mich an die Bar gesetzt und erst mal richtig gewundert. Das Restaurant war ziemlich voll, aber keiner schien Notiz davon zu nehmen, dass die USA gleich gegen Deutschland spielen. Die aus Deutschland gewohnte WM-Euphorie fehlte hier völlig. Kurz vor Anpfiff kam doch noch einer mit an die Bar der sich das Spiel auch angesehen wollte. Zum Ende hin waren wir sogar zu fünft. Das war mit Sicherheit die seltsame Stimmung die ich je bei einem Spiel der deutschen Mannschaft erlebt hab. Aber hier ist man halt einfach Football oder Baseball Fan.
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Nach dem Spiel (2:0 für Deutschland) bin ich weiter gefahren. Ich wollte in den George Washington State Forest, da hab ich mir gute Chancen auf einen günstigen Campingplatz in schöner Lage ausgerechnet. Die Strecke da hin war schon mal wundervoll, durch den Wald in dem die Bäume fast die ganze Zeit über einen Tunnel aus Blättern über der Straße bildeten.
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Im State Park angekommen hab ich mich auch gleich nach einem Campingplatz erkundigt. Satte 30$ sollte der pro Nacht kosten. Das war der bisher teuerste und für mich war er auch zu teuer, ich bin weiter gefahren. Es war ja auch erst kurz nach vier.
Als aber um sechs Uhr immer noch kein Campingplatz in Sicht war hab ich mal mein Navi befragt. Etwa 15 Kilometer sollten mehrere Campingplätze sein. Ich hab mich vom Navi gleich da hin führen lassen. War das vielleicht ne Fahrt. Es ging damit los, noch ganz harmlos, dass ich vom Highway runtergelotst wurde auf eine doch eher sehr ländliche Straße.
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Die führte mitten auf die Berge zu, was ein ganz schönes Bild abgab. Weiter gings und weiter gings und irgendwann sollte ich rechts abbiegen. Die Straße hörte nach 15 Metern auf geteert zu sein und ich befand mich auf einem Feldweg der mit Geröll befestigt war.
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Ich dacht schon schlimmer kanns ja jetzt nicht mehr kommen, bin ja schon fast da. Es kam auch irgendwann ein Schild in Sicht das ein Camp ankündigte. Nur die Straße wurde nicht besser. Hm, ist so nicht richtig, sie wurde breiter, blieb aber schotterig und führte nun durch einen Wald, die letzten 4 Kilometer auf das Camp zu.
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Am Camp angekommen musste ich ernüchtert feststellen, dass es genau das war: Ein Pfadfindercamp. Warum um alles in der Welt das in meinem Navi als Zeltplatz eingezeichnet is werd ich nie verstehen. Es blieb mir also nichts anderes übrig als den ganzen Schotterweg wieder zurück zu fahren. Damit das aber nicht ganz so verschwendete Zeit war und weil die Verhältnisse dafür eigentlich ideal waren, hab ich mal getestet was der Rio so in Sachen Rallye Tauglichkeit hergibt. ESP und ASR ausgeschaltet und schon gings ab. Richtig schön um die Kurven gezogen und fast mehr seitlich als geradeaus gefahren. Das hatte durchaus seinen Reiz. Mit meinen eigenen Reifen hätt ich das aber nicht gemacht.
Der Wagen sah hinterher allerdings auch dementsprechend aus, komplett eingestaubt. Ich hoff da einfach mal auf einen starken Regenschauer, sonst muss ich den Wagen noch selber putzen.
Ich bin also recht planlos weiter gefahren und hab mich schon fast mit dem Gedanken angefreundet wieder beim Walmart die Nacht zu verbringen. Bin nochmal durch ein paar sehr ländliche Gegenden von Virginia durchgekommen bevor ich mich entschlossen hab dem Navi nochmal eine Chance zu geben.
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Gefängnis


Es sollte mich nochmal zu einem anderen Campingplatz führen, diesmal in einem State Park. Der Weg dorthin endete allerdings in einer für mich sehr privat aussehenden Hofeinfahrt. Also hab ich das mit dem Navi und den Campingplätzen mal sein lassen. Stattdessen bin ich einfach zum nächsten Walmart gefahren, denn es wurde auch schon langsam dunkel. Diesmal wollte ich mal auf dem umgeklappten Fahrersitz schlafen, vielleicht geht das ja besser.
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Virginia

Aufstehen musste ich heute schon um sieben, hatte noch n bisschen was zu tun und ich wollte das kostenlose Frühstück voll ausnutzen. Meine Sachen sind bis auf die Wanderstiefel soweit alle trocken geworden. Bei der Gelegenheit hab ich das Zelt auch nochmal gründlich gereinigt und vom Schmutz befreit. Alles schön zusammen gepackt und ins Auto getragen und dann in den Frühstücksraum. Das war soweit wirklich die einzige Enttäuschung am Hotel, aber insgesamt verkraftbar. Der Frühstücksraum war ein 20 Quadratmeter großer Raum mit drei Tischen und 10 Stühlen. Dann gab es Toast mit Marmelade oder Cornflakes. Und Kaffee und Saft. Da hab ich mir wirklich mehr vorgestellt. Aber wie gesagt, bei dem Preis will ich nicht meckern.
Ich bin erst mal aus Gatlinburg rausgefahren, denn die Stadt an sich war ein einziges Touristenloch, noch schlimmer als Cherokee.
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Zufällig bin ich noch bei einem Waschsalon vorbei und da meine Klamotten von der Wanderung nicht nur dreckig waren sondern auch vom Lagerfeuer nach Rauch rochen wollte ich die schnell noch waschen.
2,75$ kostete eine Ladung hier, also alles reingeworfen und gewartet. Und gewartet. Und gewartet. Tatsächlich ist die Maschine mitten im Waschprogramm hängen geblieben. 40 Minuten lang hat sie gar nichts mehr gemacht und ich hab auch die Tür nicht aufgekriegt um meine Sachen raus zu holen. Warum passiert so was immer mir? Irgendwo im Salon fand ich einen Zettel mit einer Notfallnummer und da hab ich angerufen. Eine viertel Stunde später kam auch schon jemand vorbei. In der Zwischenzeit war die Maschine aber wieder von alleine angelaufen und lief jetzt wieder ganz normal. Das hab ich dem Mann auch erklärt und er hat mir freundlicherweise sogar die 2,75$ erstattet. Sehr schön. Ich brauchte also nur noch nen Dollar für den Trockner bezahlen. Das ging reibungslos und kurz darauf war ich wieder auf der Straße.
So ein richtiges Ziel hatte ich heute nicht. Ich wusste aber, dass Washington nordöstlich von mir liegt. Also bin ich einfach mal drauf losgefahren, entweder nach Norden oder nach Osten. An jeder Kreuzung hab ich mich praktisch neu entschieden. Die Straßenschilder zeigen hier ja nicht nur die Nummer des Highways an sondern auch in welche Himmelsrichtung er verläuft. Ich bin also ne ganze Zeit lang immer zwischen North und East Highways hin und her gewechselt. War auch mal ganz schön so frei nach Himmelsrichtungen zu fahren. Sind auch ein paar echt schöne Strecken dabei rausgekommen.
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Ab vier Uhr hab ich die Augen mal nach einem Campingplatz offengehalten. Völlig unbemerkt hab ich dabei kurz nach Bristol die Grenze zu Virginia überquert.

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In Bristol


Dort musste ich auch gleich an einem Bahnübergang auf den längsten Zug der mir je begegnet ist warten. Bei hundert Wagons hab ich aufgehört zu zählen. Hat gute fünf Minuten gedauert bis der Zug endlich durch war.
So kurz hinter der Grenzen wird man ja auch immer auf die jeweils im Bundesstaat geltenden Verkehrsgesetze hingewiesen. In Virginia jedenfalls sollte man sich wohl tunlichst an die Speed Limits halten, sonst lassen die am Ende noch die Air Force aufsteigen und man wird von der Straße geschossen.
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Ganz so schlimm ists in Wirklichkeit aber nicht, das Schild macht eigentlich nur darauf aufmerksam, dass hier nicht nur ganz normale Blitzer und Radarfallen stehen die einen bei zu schnellem Fahren erwischen, sondern dass ganz amerikanisch Drohnen in der Luft unterwegs sind, die den Verkehr überwachen und einen auch dann für zu schnelles Fahren kriegen können wenn man die selbst gar nicht sieht. Ein zugegebenermaßen beunruhigendes Gefühl dermaßen überwacht zu werden.
Die ersten Campingplätze die ich gefunden hab waren direkt an einer Drag Race Strecke gelegen. Die hatten allerdings den kleinen Nachteil, dass die Campingplätze nur geöffnet waren wenn gerade ein Rennen stattfand, was jetzt natürlich nicht der Fall war. Ich musste mir also was anderes suchen.
Ein Hinweisschild machte mich dann auf den Sugar Hollow Campground aufmerksam, den wollt ich nehmen, inzwischen war es ja auch schon sechs Uhr. Aber selbst mit Navi hat es ne ganze Weile gedauert bis ich den endlich gefunden hab. Mit 16$ war er dafür angenehm günstig. Wichtig war nach dem Zelt aufbauen ein Feuer im Grill hinzukriegen, denn ich hatte noch Fleisch im Kühlschrank das unbedingt weg musste. Einziges Problem: Ich hatte keine Kohlen. Also wollt ich im Wald etwas Holz sammeln und wenn das zu ner ordentlichen Glut geworden ist eben darauf grillen. Der Plan hatte nur noch einen winzigen Haken: Es hat scheinbar kurz vor meiner Ankunft hier heftig geregnet. Es war also alles Holz was ich finden konnte schön triefend nass. Aber ich mag ja diese Herausforderungen. Also hab ichs trotzdem mal versucht. Ein wenig Zeitungspapier zum anzünden hatte ich auch noch. Am Anfang sah es noch so aus als würde es klappen, aber keine Chance. Da war gar nichts zu holen.
An aufgeben war aber natürlich auch nicht zu denken. Das war inzwischen zu persönlich geworden. Also die ganz schweren Geschütze aufgefahren. Mit dem Taschenmesser die dicksten Äste soweit runter geschält bis das Holz einigermaßen trocken erschien, das dann zu einem ansehnlichen Haufen Späne zerkleinert und schön aufgeschichtet. Alles andere Holz dann irgendwie zum trocknen drum rum aufgestellt. Nach einer guten Stunde hatte ich es dann auch tatsächlich geschafft, mit viel Liebe und Fürsorge hab ich das Feuer großgezogen bis es stark genug war die halb durchweichten Ästchen in Brand zu stecken. Hat natürlich alles gequalmt und gedampft ohne Ende aber nach gut zwei Stunden hatte ich genügend Glut beisammen um das Fleisch drauf zu werfen.
Zumindest dachte ich das. Tatsächlich hat die Glut nicht ausgereicht um alle Scheiben ganz durch zu grillen und die letzten musste ich in meinem Kocher nochmal durchbraten bis sie essbar waren.
Eingeräuchert wie ich war musste ich nochmal duschen und bin dann noch ne ganze Weile im Auto gesessen und hab Radio gehört. 98.5 Rock, ein spitzen Sender der laufend Klassiker bringt.

Regenzeit

Auch heute morgen hat es noch geregnet, erst gegen acht Uhr hat der Regen aufgehört. Obwohl ich nicht richtig durchgeschlafen hab fühlte ich mich eigentlich ganz fit. Zu allererst nach dem Aufstehen wollte ich mal sehen was das gestern für ein Geräusch war. Es war mitten in der Nacht, von einem leisen Knacken bin ich aufgewacht und über drei Sekunden gab es dann eines der schrecklichsten Geräusche die ich bisher gehört hab. Es hörte sich SEHR nah an zu nah um gut zu sein und in durch Mark und Bein gehender Lautstärke. Das quälend langgezogene Knacken und Splittern von Holz, Brechende Äste, Rauschen einer Baumkronen. Obwohl so gut wie kein Wind ging hat es in der Nacht einen Baum umgehauen. Wie gesagt am morgen hab ich mir das mal angeschaut. Ganz eindeutig, der Baum ist frisch gebrochen. Und der ist tatsächlich nur um die fünfzehn Meter neben meinem Zelt runtergekracht. Echt nochmal Glück gehabt.
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Mein Frühstück war dafür eine etwas erfreulicher Überraschung: Dave und Kim haben Pfannkuchen gemacht und hatten für mich auch noch welche übrig, sogar mit selbstgeerntetem Ahornsirup. Nicht mein übliches Wandererfrühstück aber ich war um so dankbarer dafür.
So richtig satt war ich davon aber noch nicht, also hab ich mir noch ne Suppe gekocht und muss sagen, dass ich jeden Moment damit gerechnet hab, dass da jetzt ein Bär auftaucht, denn die hatte schon einen sehr intensiven Geruch. Kam aber keiner.

Ich hab dann gegen neun meine Sachen gepackt, das Zelt war zwar noch nass aber da führte kein Weg dran vorbei, das musste ich nass einpacken und dann eben möglichst bald zum trocknen wieder aufbauen.
Vollgepackt ging es also wieder auf den Weg, doch im Gegensatz zu gestern waren die Wege heute alle sehr matschig und überall waren Pfützen. Hat schon ordentlich geregnet.
An einer Weggabelung hab ich nochmal die Karte rausgeholt und stand vor der Entscheidung den kürzeren und steileren Weg oder den etwas längeren und dafür flacheren Weg zu nehmen. Ich hab mich für den kürzeren entschieden, der Weg führte gleich über eine alte Baumstammbrücke.
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Der Weg führte an einem kleinen Bach entlang, 3,3 Meilen bis zur nächsten Kreuzung. Und die haben sich echt ewig hingezogen. Es war halt wirklich ein konstant steiler Anstieg, wie der Bach runter rauscht so musste ich nach oben. Und eine Luftfeuchtigkeit die mörderisch war. Durch den Regen die Nacht durch und den Bach neben dem Weg lag die nur knapp unter 100%. Ich musste nur stehen und schon lief das Wasser an mir runter. Meine Brille war sowieso dauer-beschlagen, ich konnte kaum fünf Meter weit sehen. Besonders angenehm wurde das dann wenn ich mit der eingeschränkten Sicht einen der kleineren Zuflüsse oder den Bach selbst überqueren musste, was oft genug vorkam. Normalerweise ist das vermutlich kein Problem aber der Regen hat den Bach doch schon deutlich ansteigen lassen, so dass das überqueren schon etwas anspruchsvoller wurde. Aber dank meinem vielseitigen Bärenabwehrer/Wanderstock und meiner wasserdichten Wanderstiefel bin ich immer trocken rüber gekommen. Nur einmal wär ich beinahe von nem glitschigen Stein gerutscht.
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Für die 3,3 Meilen hab ich jedenfalls gut zwei Stunden gebraucht. Dann war erst mal ne etwas längere Pause angesagt. Ich war inzwischen auch raus aus dem feuchten Gebiet und konnte in der Sonne etwas trocknen. Da hab ich auch noch ein paar andere Wanderer getroffen und mich mit denen etwas unterhalten. Wir kamen auch aufs Wetter zu sprechen und die meinten dann für heute gäbe am Nachmittag ne 50% Regenchance. Es war auch teilweise schon sehr wolkig.
Jedenfalls hab ich mich dann auf das letzte Teilstück gewagt. Nochmal 3,7 Meilen bis hoch zum Bergrücken, auf dem dann auch die Grenze zwischen North Carolina und Tennessee verläuft. War wieder ein ziemlich steiler Weg und auf dem hab ich niemand anderes mehr getroffen.
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50%… da war doch noch was. Richtig, es hat natürlich ne halbe Stunde nachdem ich mich auf den Weg gemacht hab angefangen zu Regnen. Anfangs dachte ich noch das hört sicher gleich auf. Aber nix wars. Es regnete durchgehend und heftig. Es blieb mir also nichts anderes übrig als den Rucksack regenfest zu verpacken und mir ne Regenjacke anzuziehen und weiter zu laufen. Meine Hose war leider nicht regendicht, aber das war auszuhalten. Es regnete und regnete also die ganze Zeit. Ohne auch nur irgendwie ein bisschen nachzulassen. Ich bin teilweise mitten in den Regenwolken gelaufen, sag immerhin ganz witzig aus. Was weniger witzig war war die Tatsache, dass der Weg, wie gesagt stetig nach oben, inzwischen kein Weg mehr war sondern sich in einen Bach verwandelt hat. Na gut, ganz so schlimm wars jetzt nicht, aber ich hatte immer fließendes Wasser unter den Stiefeln. Trotzdem brachte mich das alles schon ziemlich an die Grenze. Durch den Regen wurde es jetzt halt auch noch kalt und das obwohl ich vor zwei Stunden noch geschwitzt hab. Aber so schnell kanns in den Bergen gehen. Irgendwann war dann der Punkt erreicht an dem ich einfach abgeschalten hab und nur noch gelaufen bin. Auf die Umgebung konnte ich eh nicht groß achten, hab durch den Regen auf meiner Brille kaum was gesehen. Und nach nochmal knappen zweieinhalb Stunden kam ich oben an. Geregnet hat es immer noch und kalt war mir inzwischen auch. Meine Haut an den Händen zeigte auch schon die ersten Auflösungserscheinungen, vor allem an der Rechten in der ich meinen Wanderstock hatte. Der Plan ja ja von Anfang an wenn ich oben bin ein Auto zu finden das mich mit runter nimmt. Die Straße an der ich jetzt stand führte allerdings von der Passstraße die ich ins Tal nehmen musste nach Westen entlang zu einem Aussichtspunkt. Und der lag gerade mitten in den Wolken. Entsprechend wenige Autos waren dann auf dieser Straße auch unterwegs, gibt ja nichts zu sehen hier. Etwa fünfzehn sind aber doch an mir vorbei gefahren, natürlich ohne mich mitzunehmen. Nachdem ich die Straße schon ne Viertelstunde entlang gelaufen bin hielt doch noch ein Auto an. Ein Jeep mit drei Parkrangern drin. Die mussten zwar auf die Nordseite des Parks nach Tennessee, konnten mich aber die gut 8 Meilen bis zur Passstraße mitnehmen. Immerhin. Dort stand ich dann und wartete auf einen der mich mit runter ins Tal nehmen kann. Auch nochmal 20 Meilen. Autos fuhren da schon viele vorbei, aber angehalten hat natürlich keiner. Die USA sind definitiv kein gutes Land um per Anhalter unterwegs zu sein. Wenn ich da an Dominica zurück denke…
Etwa ne halbe Stunde stand ich dann da bis eines der vielen Autos die an mir vorbei fuhren doch tatsächlich umkehrte, zurück fuhr und mich fragte ob ich mit will. Da war ich schon sehr erleichtert, dass das doch noch klappte. Die beiden die mich mitnahmen waren auch gerade Wandern, war ne ganz nette halbe Stunde die wir meinem Auto entgegen fuhren.
Am Auto angekommen war ich halt immer noch total nass und kalt war mir auch. Ne Dusche (heiß) wär auch nicht verkehrt gewesen. Heute wollt ich mir also mal ein Motel gönnen, Campingplatz wär heute nicht meins gewesen. Zumal die Campgrounds hier im Park keine Duschen haben.
Ich bin also raus aus dem Park und rein nach Cherokee gefahren, bei meiner Ankunft hab ich da ne ganze Menge Motels gesehen. Hab mehrere abgeklappert bis ich zwei Dinge bemerkt hab: Die haben alle noch was frei und die haben alle die Preise abgesprochen, 70$ plus Tax sind bei allen Minimum. Das war mir für ein Motel dann doch zu viel.
Ich hab dann praktisch als letzten Trumpf ne Website ausprobiert von der ich schon vor längerem gehört hab. Hotwire.com wirbt damit last minute freie Hotelzimmer zu vermitteln. Zu einem günstigen Preis, denn die Hotels hätten die Zimmer für diese Nacht sonst ja ungenutzt. In der Theorie macht das schon mal Sinn. Einen Haken wenn man so will hat das aber schon noch. Man weiß nicht was für ein Hotel man bucht. Man gibt einfach die Stadt ein in der man ein Zimmer will und kriegt dann eine Liste geliefert mit Preisen, Sternekategorie und ungefährer Lage des Hotels. Erst nach der Buchung erfährt man den Hotelnamen und die genaue Adresse. Auf einen Versuch wollt ichs also mal ankommen lassen. Ich hab ein Hotel in Gatlinburg, Tennessee gefunden. Gleich über die Passstraße rüber und schon bin ich da.
Inklusive aller Steuern und Gebühren kostete mich das Zimmer 48$. Zwei Sterne, inklusive frei Parken, Internet und Frühstück. Hört sich ja schon mal nach nem echt guten Deal an. Also bin ich da hingefahren, nicht ohne am Pass nochmal ein kurzes Päuschen eingelegt zu haben.

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Blick vom Pass


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Passstraße


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In Gatlinburg hab ich das Hotel auch gleich gefunden. Machte einen sehr guten Eindruck. Das Zimmer mit Kingsize Bett war super, sehr sauber und alles hat funktioniert. Ist zwar jetzt erst meine erste Erfahrung mit Hotwire.com aber bleibt sicherlich nicht die letzte.
Ich hab dann erst mal alles aus dem Auto reingeholt und all die nötigen Kleinigkeiten erledigt die so anfallen wenn ich mal die Gelegenheit dazu hab. Alle Akkus aufladen, Müll raussortiert, nasse Sachen zum trocknen aufgehängt, Schuhe geputzt, Zelt zum trocknen aufgebaut (Ja, dafür war auch noch Platz), Schlafsack und Isomatte gelüftet und getrocknet.
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Und natürlich ausgiebig geduscht. Zu essen hab ich mir auch was gemacht, auch wenn ich wegen des Rauchmelders im Zimmer ein wenig Bedenken hatte meinen Gaskocher anzuwerfen, nicht das da der Alarm losgeht. War aber nicht so. Gegen elf bin ich dann doch recht müde ins Bett gefallen.

Auf zum Camp

Heute wollte ich zu Fuß in die Smoky Mountains aufbrechen, genauer bis zum Gipfel hoch. Da das aber für einen Tag etwas viel ist hab ich geplant unterwegs mein Zelt aufzuschlagen und da die Nacht zu verbringen. Eine grobe Route hab ich mir dafür auch schon zurecht gelegt. Am Morgen hab ich also meine Sachen eingepackt und ins Auto verladen und bin dann zum Besucherzentrum am Eingang des Parks gefahren um mir dort meine Erlaubnis für das Campen im Hinterland zu holen. Das ist hier alles sehr streng reguliert, man muss schon vorher genau sagen in welchem der etwa 90 zugelassenen Plätze man sein Zelt aufschlagen wird und dann muss man für 4$ pro Nacht reservieren. Hört sich ja eigentlich ganz einfach an, aber das Reservierungssystem hatte wohl ein paar Probleme, denn die Reservierung hat mich fast zwei Stunden gekostet. Dafür war aber die Rangerin die sich darum gekümmert hat sehr freundlich.
Aus meinen Wanderungen der Donau entlang hab ich ja schon gelernt bei solchen abseits-fester-Wege Wanderungen eine richtige Wanderkarte mitzunehmen, also hab ich mir hier auch nochmal eine für 5$ gekauft. Soviel sei schon mal gesagt, die hat sich auf jeden Fall bezahlt gemacht.
Wie gesagt, durch diese Verzögerung kam ich später los als geplant. Gegen halb zwei hab ich mein Auto auf dem Parkplatz geparkt und mich mit meinem Rucksack auf den Weg gemacht das letzte Teilstück des Mountains to Sea Wanderweges durch ganz North Carolina zu wandern, eben zum höchsten Berg hoch.
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Los ging’s auf einem noch recht breiten Weg. Da sind mir auch meine einzigen anderen Wanderer unterwegs entgegen gekommen, den Rest der Strecke war ich komplett alleine. Es ging auch stetig und steil nach oben, so dass ich echt langsam voran kam. Für die ersten 3 Meilen hab ich fast zwei Stunden gebraucht.

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Bäume im Weg


Wenns mit dem Tempo weiter gehen würde würde ich erst nach zehn Uhr am Camp eintreffen, und bei Nacht würd ich hier nur wirklich ungern wandern.
Ich hab also alles davon abhängig gemacht wann ich den nächsten Wegpunkt erreiche, denn von da aus hatte ich nochmal 5 Meilen bergab zur Straße laufen können oder 7 Meilen durch die Berge zum Camp. Es ging also nach nur kurzer Pause weiter, in doch ordentlichem Temop. Der Weg führte immer wieder rauf und runter, mal Serpentinen, mal an Bergrücken entlang aber immer im Wald, so dass es nie zu heiß wurde.
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Geschwitzt hab ich trotzdem ganz schön, der Rucksack mit den gut sieben Litern Wasser und der ganzen Campingausrüstung zusammen mit der Geschwindigkeit waren doch etwas anstrengend. Aber es hat sich gelohnt, ich kam an besagtem Wegpunkt an und hatte etwas Zeit gutgemacht. Trotzdem war ich mir überhaupt nicht sicher ob ich das noch im hellen schaffe. Selbst wenns in dem Tempo weiter ging, und ich hab selber etwas dran gezweifelt, dass ich das über mehrere Stunden durchhalte, komm ich voraussichtlich gegen acht bis neun Uhr an, und das wo es im Wald immer etwas eher dunkel wird. Bei einer kurzen Pause hab ich also nochmal alle Optionen durchgespielt und mich dann entschieden es doch durchzuziehen. Alles oder nichts. Es war etwa fünf Uhr als mich noch um die sieben Meilen und gute 500 Fuß Höhe (netto wohlgemerkt) vom Camp trennten. Pausen erlaubte ich mir eigentlich nur sehr selten, im Prinzip nur eine kurze jede Stunde. Inzwischen wurde es auch etwas, hm, dunkler nicht wirklich aber schumriger.
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Bei dieser Wanderei durch die Smokies sollte man ja immer nach Bären Ausschau halten um denen nicht unbemerkt zu nahe zu kommen. Überhaupt hab ich von den Rangern bevor ich losgegangen bin nochmal gesagt gekriegt was zu tun ist um Bären möglichst vom Camp fern zu halten (keien Lebensmittel oder stark riechende Sachen im Zelt haben, weit abseits vom Zelt kochen, nichts essbares rumstehen lassen, auch keinen Müll, alles Essbare bei Nichtgebrauch an speziellen bärensicheren Vorrichtungen aufhängen, 10 Fuß überm Boden und mindestens 4 Fuß vom nächsten Baum entfernt) und vor allem was zu tun ist wenn ich unterwegs auf einen treffe. Keinesfalls näher als 50 Meter kommen, wenn er mich bemerken sollte, langsam und rückwärts zurück gehen. Sollte er mir folgen, und sich nicht durch Richtungsänderung abschütteln lassen dann mit Steinen bewerfen bis er abhaut. Wenn auch das keine Wirkung zeigt, hat er mich wahrscheinlich als Beute auserkoren (sehr unwahrscheinlich zwar) dann ist der Plan sich so groß wie möglich zu machen und aus vollem Hals den Bären anzubrüllen um ihn einzuschüchtern und zu vertreiben. Und wenn das auch nichts bringt: Fight aggressively with everything you have.
Und wie es so langsam schumriger wird und das Licht etwas weniger wird, die Sonne immer tiefer steht und bizarre Schatten wirft sieht man plötzlich überall die Umrisse von Bären. Ich bin sicher ein halbes Dutzend mal wie angewurzelt stehen geblieben weil ich meinte eine  Bär vor mir zwischen den Bäumen zu sehen. Waren aber jedes mal nur Täuschungen.
Ein einziges mal, könnte ich einem etwas näher gekommen sein. Gesehen hab ich ihn nicht, ich hab nur im Unterholz was davon laufen hören. Hörte sich groß an, nicht so grazil wie ein Reh und das typische Grunzen eines Wildschweines hab ich auch nicht gehört. Deshalb tippe ich darauf, dass das ein Bär gewesen ist.
Jedenfalls hab ich gegen sieben Uhr das erste Camp erreicht. Nicht meines, ich hab mir einen Platz im nächsten reserviert. Im Prinzip war das aber nur eine Lichtung an der ein paar Baumstämme und eine Feuerstelle zu finden waren. Und vier Wege in alle Himmelsrichtungen ohne einen Wegweiser. Da hat sich meine detaillierte Wanderkarte schon ausgezahlt. Ich hab mir wegen der doch schon fortgeschrittenen Zeit auch schon überlegt einfach hier mein Zelt aufzuschlagen. Aber bis zu meinem Camp waren es von hier aus nur noch eineinhalb Meilen, die konnt ich dann auch noch durchziehen. Die letzte Strecke ging zu meiner Überraschung stetig bergab, so dass ich flott vorankam.
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Und irgendwann hab ich in der Ferne hinter ein paar Bäumen ein oranges Zelt blitzen sehen. Das Camp war in Sicht, es war doch noch sehr hell und ich konnte mich eines Dauergrinsens nicht erwehren ob dieses Siegs über meinen inneren Schweinehund der mich bin zuletzt davon abhalten wollte hier anzukommen. Das waren nun 13 Meilen in etwa 6 Stunden. Im Camp waren tatsächlich schon zwei andere Zelte aufgebaut, ich hab alle gegrüßt, und hab auch angefangen mein Zelt aufzubauen. Bisher hatte ich mit dem Wetter ja echt Glück gehabt. Aber gerade als ich das Zelt aus dem Packsack rausgeholt hab hat es angefangen zu tröpfeln. Als ich das Zelt am Boden ausgebreitet hab hat es angefangen zu regnen. Und als ich gerade angefangen hab den Regenüberzug drauf zu machen hat es angefangen zu schütten. Wenn ich nur fünf Minuten später angekommen wäre wär ich voll in den Regen gekommen. Zum Glück blieb der Regen nicht lange so heftig und flaute bald ab.
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Ich bin los in den Wald gestapft und habein paar Äste hinter mir her gezogen und sie zum schon brennenden Lagerfeuer gebracht wo ich mich zu Dave und Kim aus Minnesota gesellte. Sehr nette Leute, Ex-Cop und Lehrerin. Trotz des Regens haben wirs recht lange am Lagerfeuer ausgehalten und uns echt gut unterhalten.
Dunkel wurde es tatsächlich erst so gegen neun. Ich hätte nicht gedacht, dass es hier noch so lange hell ist. Irgendwie hatte ich noch so Sonnenuntergang = 6 Uhr gespeichert. Das kommt wohl noch von meiner Zeit auf der RUNAWAY so nahe am Äquator geht die Sonne halt wirklich um 6 Uhr unter. Aber inzwischen bin ich ja ein gutes Stück weiter nördlich folglich zögert sich der Sonnenuntergang auch weiter hinaus.
Gegen zehn sind wir jedenfalls alle ins Zelt verschwunden. Geregnet hats immer noch. Ich hab mein ganzes Essenszeug in den Baum gehängt und war hundemüde vom langen Marsch. Trotzdem konnte ich irgendwie nicht so ganz gut durchschlafen. Man hört einfach ne Menge Geräusche im Wald. Dazu noch der Regen der auf das Zelt prasselt. Irgendwann bin ich aber wohl doch eingeschlafen.

Great Smokey Mountains National Park

Heute hab ich eher schlecht geschlafen, ich bin öfter aufgewacht weil ich sehr nahe an meinem Zelt dem Geräusch nach was großes durch den Wald stapfen hörte. Ich vermute fast das war ein Bär. Ich hatte zwar nichts essbares oder sonst irgendwie stark riechendes in meinem Zelt, trotzdem muss ich zugeben, dass mir da schon ein wenig komisch wurde diese Geräusche so nah zu hören aber nicht zu sehen was sie nun verursacht und wie nach das wirklich ist. Einen Vorteil hatte das allerdings auch, ich war früh wach. Früh genug um die Sonne richtig schön rot zwischen den Bäumen aufgehen zu sehen.
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Weil doch auch schon ein paar Moskitos unterwegs waren wollt ich mein Frühstück auf später verschieben, hab mein Zeug ins Auto gepackt und bin losgefahren.
Zuerst mal tanken und dann grob Richtung Norden. Ich hatte mir überlegt nach Knoxville in Tennessee zu fahren, irgendwie war mir gerade nach etwas Gesellschaft und ich wollte in einem Hostel absteigen oder Couchsurfen. Doch um das genauer zu planen brauchte ich Internetzugang, denn in diesen doch sehr abseits liegenden Gegenden in denen ich zur Zeit bin hab ich extrem selten vernünftigen Empfang am Handy. Also hab ich mich mal auf den Weg zur Interstate 26 gemacht, wo ich hoffte nen Walmart zur finden und einzukaufen und halt auch nen Mc Donalds oder so fürs Internet. Um zur I-26 zu kommen bin ich weiter den Highway 11 nach Osten gefahren, wirklich schön. Der trägt zu Recht die Bezeichnung Scenic Highway. Es macht einfach Spaß hier zu fahren.
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Auf der Interstate angekommen ging es weiter nach Norden und ich bin von South nach North Carolina gekommen. Gegen halb elf bin ich von der Interstate runter gefahren und hab bei nem Burger King gefrühstückt, auch eine Premiere für mich. Hier konnt ich auch im Internet nachschauen was denn so in Knoxville los ist. Hat sich herausgestellt, dass es dort nicht mal ein Hostel gibt. Alles in allem hab ich meinen ursprünglichen Plan wieder verworfen und wollte mich stattdessen gleich in den Great Smokey Mountains National Park begeben. Dafür musste ich allerdings noch Vorräte kaufen, denn ich hatte schon kein Eis für meine Kühlbox mehr und mit Getränken wurde es auch langsam knapp.
Also bin ich weiter nach Norden gefahren, die nächst größere Stadt war Ashville, dort hab ich auch nen Walmart gefunden wo ich meine Vorräte aufstocken konnte. Da es noch recht früh war, halb drei, hab ich beschlossen noch schnell bei ner Wäscherei vorbeizufahren und unter anderem meine Klamotten die ich im Congaree National Park an hatte zu waschen, denn die hattens echt nötig. Den Waschsalon hab ich dank Handy auch gut gefunden. Billig wars auch, für eine Maschine inklusive Trockner hab ich 3,25$ gezahlt.
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Dann gings weiter, noch etwa eine Stunde Fahrt lagen zwischen mir und dem National Park. Die letzte größere Stadt vor dem Park war Cherokee. Wie der Name schon vermuten lässt ist das eine Stadt im Reservat der Cherokee Indianer. Und wenn man da so durch fährt wird halt an jeder Ecke versucht aus dem Indianererbe Geld zu machen. Vom riesigen Casino über Indianer-Shows die ich im vorbeifahren mehr als Zirkus wahrgenommen hab bis hin zu den üblichen Souvenir Läden die echte Indianahandarbeit aus China verkauften. Sehr schade eigentlich, unter dem Reservat hab ich mir was anderes vorgestellt. Auf der Plusseite ist jedoch auf jeden Fall die Straße an sich zu verbuchen. Wäre mit dem Motorrad nochmal ne Nummer cooler gewesen aber auch den Kia konnte man überraschend schön um die Kurven lassen. Überhaupt ist dieses Gebiet hier für ein Motorrad ein absolter Traum, muss sich gegen die schönsten Strecken der Alpen auf keinen Fall verstecken. Schöne Kurven, gute Straßen, atemberaubende Landschaft. Die Blue Ridge Mountains stehen definitiv auf meiner Motorrad To-Do Liste.
Nach einmal noch kurz Verfahren hab ich dann den National Park erreicht.
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Wie üblich bin ich zuerst zum Visitor Center und hab mir alle möglichen Infos zu Wanderungen, Campingplätzen und Sehenswürdigkeiten geholt. Erfreulicherweise verlangt auch dieser National Park genauso wie der Congaree keinen Eintritt.
Gegen sechs Uhr kam ich am Smokemount Campground an und hab mein Zelt für die Nacht aufgeschlagen. Heute hab ich auch zum ersten Mal Gebrauch von den Feuerstellen/Grills die hier an wirklich jedem einzelnen Stellplatz auf den Campingplätzen sind gemacht, ich hab schon im Walmart nen Sack Kohle und ein paar fette Scheiben Steaks gekauft welche mir auch vortrefflich gelungen sind.
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So geht auch dieser Tag zu Ende. Ich lieg im Zelt, höre das Rauschen eines Gebirgsbaches, Rieche die Feuer der anderen Camler ringsum, sehe viele Glühwürmchen und fühle, dass es hier schon etwas kühler ist als noch am Congaree, was eine durchaus willkommene Abwechslung ist.

Wasserfälle

Geschlafen hab ich heute recht angenehm, bis auf die Tatsache, dass meine Isomatte irgendwie immer Luft verloren hat. Ich hatte schon befürchtet die hätte ein Loch gekriegt, hat sich aber herausgestellt, dass ich wohl nur das Ventil nicht richtig geschlossen hab. Nach dem Frühstück bin ich noch etwas im State Park rumgelaufen, echt schön hier.
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Weg zu meinem Zelt


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Badesee


Ich hab den Tag langsam angehen lassen und noch ne ganze Zeit lang überlegt wie es jetzt weiter gehen soll. Weils hier aber so schön ist hab ich beschlossen noch in der Nähe zu bleiben. Hier gibt’s ziemlich viele Wasserfälle und ein paar davon hätte ich mir gerne angesehen. Also bin ich mit dem Auto etwas weiter rein in die Berge gefahren, hab an eine Parkplatz vom Sumter National Forest geparkt und bin losgelaufen.
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Auch sehr schöne Wandergegend hier. Nen Campingplatz gab’s auch, noch dazu kostenlos. Das hier auch Bären unterwegs sind konnte man an den Vorrichtungen zum bärensicheren aufbewahren von Lebensmitteln sehen.
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Mein erster Wasserfall sollte heute der King Creek Fall sein. Einen halben Kilometer vom Hautpweg weg ging es hier schön am King Creek entlang und einmal sogar drüber.
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Der Wasserfall an sich war auch ganz nett anzusehen. Nicht sonderlich hoch aber doch schön.
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Nach einer kurzen Pause am Wasserfall bin ich wieder zurück zum Hauptweg und hab mich auf den Weg zu einem anderen Wasserfall hier gemacht. Aber so sehr ich auch danach gesucht hab, ich hab ihn einfach nicht gefunden. Ich war zwar mal auf nem Weg der richtig gewesen sein könnte, aber der war irgendwann so von Büschen zugewuchert, dass da einfach kein Durchkommen mehr war. War aber trotzdem noch ne schöne Wanderung.
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Auf einer Brücke


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Als nächstes wollte ich zu den Whitewater Falls fahren beziehungsweise hinlaufen. Dort hin zu fahren hat auch nicht lange gedauert, wie gesagt die Wasserfälle liegen hier alle recht dicht bei einander. Die kurze Fahrt hab ich nur zwei mal für zwei Aussichtspunkte unterbrochen.
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Laut meinem Touristeninfo-Büchlein befindet sich der Weg dort hin gleich hinterder Grenze zu North Carolina.
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Den Trailhead hab ich auch gleich gefunden und wollte mich schon auf den Weg machen.
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Doch schon nach 10 Metern hab ich eim weiteres Schild gesehen welches mich dann doch noch umkehren ließ.
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Ich hab mein Infobüchlein nochmal genauer konsultiert und festgestellt, dass es noch nen zweiten Zugangspunkt geben muss, weiter unten im Tal. Also bin ich da hingefahren, hab das Auto geparkt und mir dann ernsthaft überlegt ob ich da heute wirklich noch hin soll, denn es war schon recht spät und nen Campingplatz musste ich auch noch finden. Das Schild hier sagte nämlich es wären 1,9 Meilen bis zum Wasserfall und das gleiche natürlich nochmal zurück. Schon ein gutes Stück. Aber wenn ich ein bisschen Gas geb ist das sicher zu schaffen. Also bin ich los. So weit so gut. Ich kam auch gut voran, es war wieder ein Weg durch einen wundervollen Wald, rauf und runter. Auch nen Fluß gab’s zu überqueren. Zum Glück mit Brücke.
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Allerdings: Nach einer guten halben Stunde hab ich die 1,9 Meilen wohl hinter mich gebracht, war allerdings noch nicht ganz am Ziel. Ich fand ein Schild welches mir berichtete: Zum Parkplatz 1,9 Meilen, so weit korrekt, und zum Wasserfall 1,7 Meilen. So was hasse ich ja wie die Pest wenn Wanderwege oder Wege im allgemeinen so ungenaue Entfernungsangaben haben auf die man sich nicht verlassen kann. Umkehren kam natürlich auch nicht in Frage, also bin ich weiter. Nach etwa eineinhalb Meilen kam der Wasserfall dann auch in Sicht. Der war schon etwas größer, so dass der Aussichtspunkt weiter weg war damit man den Wasserfall auch gut sieht.
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Unter etwas Zeitdruck ging’s zurück zum Auto. Einen Campingplatz hab ich mir auch schon ausgesucht, den Devil’s Fork State Park. Liegt an einem großen See wo ich gehofft hab nochmal etwas schnorcheln gehen zu können. Dort angekommen, die Fahrt dauerte nicht lang, war ich zunächst mal überrascht wie viele Autos hier mit einem Boot auf dem Anhänger durch die Gegend fahren. Scheint echt ein beliebtes Ausflugsziel zu sein. So beliebt sogar, dass ich keinen Platze mehr auf dem Campingplatz gekriegt hab. Und durch meine verlängerte Wanderung war es auch schon wieder recht spät. Also bin ich wieder aus dem State Park rausgefahren und hab auf dem Weg nach Schildern Ausschau gehalten. Hab auch nach wenigen Minuten eines gefunden. Dort gab’s noch freie Plätze und die Nacht kostete mich 12$ in Bar und ohne Quittung. Mir solls recht sein. Der Platz war auch wieder recht gut, die Duschen hätten etwas moderner sein können. Aber ansonsten war ich zufrieden damit.
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Es gab sogar noch einen kleinen Bach der nahe am Zeltplatz vorbei floss, da gabs auch noch mal einen kleinen Wasserfall zu sehen, so zu sagen als Betthupferl meiner heutigen Tour.