Salt Springs

Das war mal wieder was richtig schönes, in einem großen Bett zu schlafen, nach dem Aufwachen noch etwas liegen bleiben und Zeitung lesen und ganz allgemein den Tag gemütlich zu beginnen. Ich hab mir auch wirklich Zeit gelassen und die Check-out Zeit von 11 Uhr voll ausgenutzt. Bin schließlich nicht auf der Flucht.
Es ging heute erst mal weiter den Highway 27 nach Norden. Ist schon ein sehr entspanntes Fahren, immer zweispurig und wenig Verkehr. Nur das Speedlimit von 55 bis 65 Meilen pro Stunde kam mir doch ab und zu etwas störend vor. Das hätte gerne auch ein bisschen mehr sein dürfen.
Während ich so dahin fahre halte ich immer Ausschau nach so braunen Schildern mit weißer Schrift, denn die weisen immer auf besondere Sehenswürdigkeiten hin. Als ich schon so ne Stunde lang unterwegs war kam so eins das auf die „Historic Downtown“ von Sebring hinwies. Also bin ich runter vom Highway und die drei Meilen bis zu besagtem historischen Stadtzentrum gefahren. „Historisch“ darf man hier allerdings nicht nach europäischen Maßstäben bewerten sondern muss da in US Dimensionen denken. Die Stadt sah halt so aus wie man sich ne amerikanische Kleinstadt um 1930 vorstellen würde. Alles sehr gepflegt und ordentlich.
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Ich befinde mich ja hier in Florida gerade in einer Gegend in der es hunderte von Seen gibt, also war hier auch einer zu dem ich schnell noch hingelaufen (wie unamerikanisch) bin. Auch sehr idyllisch, mit überall herumhopsenden Eichhörnchen.
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Ich hatte mir schon überlegt ob ich hier nicht ne kleine Pause einlegen sollte um am See etwas zu verweilen, doch hat mich eine (hunderte) kleine (aggressive) Kleinigkeit (Mücken) davon abgehalten. Ich weiß nicht warum ich deren liebstes Opfer bin, aber scheinbar wurden alle anderen Leute hier nicht attackiert, zumindest hab ich keinen so mit Armen und Beinen rumfuchteln sehen wie mich. Um noch ein paar Tropfen Blut zu behalten bin ich also wieder zurück zum Auto und weiter gefahren.
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Immer noch ziellos stetig nach Norden. Diese Richtung scheinte meiner Tanknadel allerdings weniger zu gefallen, die zeigte immer mehr nach Süden. Zeit zu tanken. Hunger hatte ich auch noch etwas und ne Bank brauchte ich auch noch um mich nochmal mit Bargeld einzudecken. Ist aber hier alles kein Problem. Obwohl hier entlang des Highways so gut wie keine Wohnhäuser stehen, gibt es hier alle 2-3 Meilen ein Art Mini-Einkaufszentrum in dem sich mehrere Fastfood Läden und Tankstellen befinden. Irgendwie wiederholt sich die Szenerie alle paar Meilen. Gut, es gibt auch Ausnahmen. Mein Favorit in der Kategorie „Doch, das bauen wir genau da hin!“ ist ein kleines Postamt gewesen. Mitten im nichts. Zehn Meilen Highway nur durch offene Landschaft, dann das Postamt und dann nochmal zehn Meilen bis zum nächsten anderen Gebäude (eine Apotheke, auch so unfassbar ab vom Schuss). Wer baut denn da so was hin? Wenn ich eine Briefmarke brauche dann fahr ich da doch keine zehn Meilen dafür durch die Pampa.
Doch zurück zum Thema. Mein Mittagessen hab ich ganz landestypisch (Mc Donalds) zu mir genommen. Naja, nicht ganz, ich bin reingegangen und nicht durch den Drive-Through. Die Bank war auch gleich um die Ecke, damit waren meine Geldsorgen auch erledigt. Und an Tankstellen gab es wie gesagt auch keinen Mangel. Man muss nur wissen, dass man hier in den USA wenn man mit Bargeld zahlen will zuerst zahlt und dann tankt. Ein überaus schwachsinniges System, denn wie soll ich so volltanken können? Ich weiß ja nicht im voraus wie viel reingehen wird. Ich bin also zur Kasse und hab mal für 25$ bestellt. Zurück zur Zapfsäule, getankt, eingestiegen und losgefahren. Das gleich nach dem tanken losfahren hat allerdings schon was wie ich zugeben muss.
Und wieviel verbrauch ich denn nun eigentlich? Der Bordcomputer spuckt als Spritverbrauch 33 Meilen pro Galone aus, also 3 Galonen auf 100 Meilen. Davon ist aber sicher einiges der Klimaanlage zuzuschreiben, denn wenn die nicht auf vollen Touren läuft ist es unerträglich heiß. Ach ja, der Preis, falls es jemanden interessiert: Für eine Galone, knapp vier Liter hab ich 3,47$ gezahlt. In Euro wären das so um die 70 Cent pro Liter. Da macht tanken fast schon wieder Spaß.
Gegen drei hab ich mal wieder einen Blick auf die Karte geworfen und festgestellt, dass in relativer Nähe der Ocala State Forest liegt.
Ein bisschen Wald wäre nach so viel Meer in den letzten Wochen echt mal wieder schön. Also hab ich im Internet schnell mal nachgeschaut ob man da campen kann (man kann) und was man da sonst so tun kann. So ganz gut war die Website allerdings nicht, also hab ich mir die Adresse des Besucherzentrums rausgesucht und wollte mich dort persönlich genauer erkundigen. Da das laut Website aber schon um fünf schließt musste ich mich beeilen. Ich hab es nach ein paar kleineren Umwegen die meinem Navi zu verschulden sind auch geschafft um fünf an besagter Adresse anzukommen. Der Weg dort hin sah auch schon sehr schön waldig aus.
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Als ich an der Adresse angekommen war sah ich: Nichts. Zumindest nichts was nach einem Besucherzentrum aussah. Dafür bin ich kurz zuvor an einem Schild vorbei gefahren das auf den Silver Springs Recreational Park aufmerksam machte und auch ein Zeltsymbol aufzuweisen hatte. Also bin ich da hin gefahren und hab den netten Mann am Eingangshäuschen danach gefragt. Der meinte aber das Besucherzentrum sei schon seit Jahren geschlossen. Aber campen kann ich tatsächlich auch hier. Kostet mich 20,50$ pro Nacht für mein Zelt, es gibt einen Trail den man entlang wandern kann und eine Quelle in der man baden kann. Da ich auch irgendwie keine Lust mehr hatte noch weiter zu fahren hab ich eben hier einen Platz gemietet. Der ganze Campingplatz war so gut wie leer und ich hatte einen echt schönen Platz gekriegt.
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Endlich mal wieder zelten. Lang, lang ists her. In Pedralva in Portugal, wenn mich nicht alles täuscht, schon ein gutes halbes Jahr her. Das Zelt hat inzwischen einen wirklich nur minimalen Eigengeruch entwickelt, nach sechs Monaten zusammengerollt und im Rucksack eigentlich kein Wunder. Aber ansonsten steht es noch wie eine eins. Nur die beiden Schnallen zum festziehen der Regenhülle, die mir der Fuchs als ich drei Tage an einem Strand in Spanien gezeltet hab abgeknabbert hat, sind mir wieder schmerzlich in Erinnerung gerufen worden. Ich hoff mal heute Nacht wird das nicht wieder so was, denn hier in dem Wald gibt’s ne Menge Bären. Wir werden sogar bärensichere Mülleimer aufgestellt.

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Bärensicherer Mülleimer


Nachdem ich also mein Zelt soweit aufgebaut und eingerichtet hatte wollte ich nochmal zu der Quelle schauen und mich etwas im Wasser abkühlen. Da ich bei meiner Anmeldung zum campen gesehen hab, dass die hier auch Taucherbrillen verkaufen, hab ich meine Schnorchelausrüstung sicherheitshalber mal mitgenommen. An der Quelle angekommen war ich erst mal etwas überrascht. Wirklich schöner hier als ich gedacht hätte.
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Einstieg zu den Springs


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Blick auf den See


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Am Wasser gibt’s Stufen damit man leichter rein kommt. Die „Quelle“ in der man dann tatsächlich schwimmen kann hat etwa die Abmessungen eines Sportbeckens und ist an ihrem Stirnende mit einer Schnur abgesperrt die verbietet weiter raus in den See zu schwimmen. Naja, ich bin wohl einfach nur vom offenen Meer verwöhnt. Da ich noch jemanden gesehen hab der mit Taucherbrille ins Wasser ist hab ich meine Ausrüstung auch mal spaßeshalber angelegt. Da kam ich mir fast schon etwas lächerlich vor. Das Wasser selbst war beim reingehen schon deutlich kühler als die Karibik. Aber bei diesen Temperaturen sehr angenehm. Als ich den ersten skeptischen Blick unter Wasser geworfen hab, hab ich auch tatsächlich ganze drei Fischlein entdecken können die in so einer Art Algenteppich rumdümpelten. Klasse…
Und dann traf es mich fast wie der Blitz. Als ich den Blick einmal etwas genauer schweifen ließ entdeckte ich Fische überall. Und das Algenzeug waren keine Algen sondern richtig schöne Unterwasserpflanzen die auf dem sandigen Boden wuchsen. Aber der Hammer war das Licht. Es war so gegen sechs Uhr, die Sonne stand schon etwas tiefer und die Sonnenstrahlen fielen durch die Äste der Bäume was einen sagenhaften Kontrast unter Wasser gab. Das Wasser war nicht nur angenehm kühl sondern auch noch sehr klar, was ja Sinn macht wenn durch eine Quelle hier neues Wasser nachströmt. Meine anfängliche Skepsis war völlig verschwunden und ich hab diese großartige Unterwasserlandschaft in vollen Zügen genossen. Extrem schade, dass ich keine Unterwasserbilder mehr machen kann. Aber ich versuchs mal zu beschreiben. Man stelle sich eine Sommerwiese vor, mit Grünzeug in allen möglichen Formen, Größen und Farben. Dazwischen hell glitzernde Flecken aus feinem Sand. Und darüber schwebt man jetzt, so in einem halben bis zwei Meter Höhe und teilt sich diesen Luftraum mit den Fischen, große und kleine, die wie man selbst über diese Wiese fliegen. Eine schöne Abwechslung zu all den Korallen.
Was noch sofort aufgefallen ist: Der Geschmack. Ich war in den ersten paar Sekunden unter Wasser völlig überrascht, dass das tauchen jetzt irgendwie anders schmeckt und hab mich schon gefragt ob mein Schnorchel angefangen hat zu schimmeln. Nach ein paar Sekunden kam ich aber drauf. Das ist ja Süßwasser hier. Nachdem ich knappe drei Monate praktisch jeden Tag schnorcheln war hab ich den salzigen Geschmack des Meeres irgendwie voll mit dem Schnorcheln assoziiert. Schon irgendwie witzig.
Der ganze Park hier heißt ja Salt Springs, also gibt es noch zwei Sachen zu klären: Erstens die Springs. Es gab hier wirklich Quellen, wenn man recht weit an den Rand des Schwimmbereichs geschwommen ist haben sich im Grund Löcher/Schluchten/Höhlen aufgetan aus denen Wasser nach oben geströmt ist. Das konnte man echt schön sehen an den kleinen Steinchen die da auch mit nach oben gewirbelt wurden. Und fühlen konnte man es auch. Ich bin mal in eine der größeren Höhlen runter getaucht um mir das genauer anzuschauen, aber die wurden recht schnell sehr eng und ich bin nicht weit gekommen. Aber trotzdem ein phenomenaler Anblick.
Um noch auf das Salt zu kommen: Der ganze See ist ein Süßwasser See, die Quellen hier sind aber salzig. Nicht so viel, dass mans wirklich schmecken könnte, aber genug damit die Physik ein schönes Schauspiel hervorbringen kann. Salzwasser und Süßwasser haben unterschiedliche Dichten und wenn die sich mischen passiert das gleiche wie mit kalter und heißer Luft: Wenn man über ein Lagerfeuer schaut flimmert es, ebenso wenn die Sonne mal wieder richtig auf die Straße knallt. Diesen Effekt hat man hier unter Wasser auch gehabt, aber irgendwie überall wenn man genau hingesehen hat. Überall dieses leichte flimmern. Direkt über den Quellen war es natürlich stärker.
So ging die Zeit rum und ich bin irgendwann wieder raus jnd hatte nach dem abtrocknen was was ich auch schon lange nicht mehr hatte. Diese Gefühl von angenehmer Kühle aus dem inneren heraus. Wenn die Haut sich mal nicht heiß und verschwitzt anfühlt sondern richtig schön kühl. Ein tolles Gefühl. Nur leider ist es hier so warm, dass das nicht lange anhalten wird.
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An der Wasseroberfläche kann man sehen wo die Quellen aufsteigen


Zurück am Zelt hab ich mich ans Abendessen kochen gemacht. Schnell und einfach soll es sein. Zwiebel, Kidney Bohnen und Tomaten. Das ganze in den Kochtopf und entsprechend würzen. Erfüllt seinen Zweck. Den Müll muss man wegen der Bären natürlich gleich wegbringen und auch das Geschirr ist nach dem Essen sofort abzuwaschen. Auch dass ich nichts zu essen mit ins Zelt nehmen soll um keine Bären anzulocken ist mir nochmal explizit gesagt worden.
Dann kann die Nacht ja kommen. Überall kleine Glühwürmchen, Grillen und Zikaden zirpen in den Bäumen und Frösche hört man auch ein paar. Von denen ist mir sogar einer beim Zähne putzen begegnet.
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