Virginia

Aufstehen musste ich heute schon um sieben, hatte noch n bisschen was zu tun und ich wollte das kostenlose Frühstück voll ausnutzen. Meine Sachen sind bis auf die Wanderstiefel soweit alle trocken geworden. Bei der Gelegenheit hab ich das Zelt auch nochmal gründlich gereinigt und vom Schmutz befreit. Alles schön zusammen gepackt und ins Auto getragen und dann in den Frühstücksraum. Das war soweit wirklich die einzige Enttäuschung am Hotel, aber insgesamt verkraftbar. Der Frühstücksraum war ein 20 Quadratmeter großer Raum mit drei Tischen und 10 Stühlen. Dann gab es Toast mit Marmelade oder Cornflakes. Und Kaffee und Saft. Da hab ich mir wirklich mehr vorgestellt. Aber wie gesagt, bei dem Preis will ich nicht meckern.
Ich bin erst mal aus Gatlinburg rausgefahren, denn die Stadt an sich war ein einziges Touristenloch, noch schlimmer als Cherokee.
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Zufällig bin ich noch bei einem Waschsalon vorbei und da meine Klamotten von der Wanderung nicht nur dreckig waren sondern auch vom Lagerfeuer nach Rauch rochen wollte ich die schnell noch waschen.
2,75$ kostete eine Ladung hier, also alles reingeworfen und gewartet. Und gewartet. Und gewartet. Tatsächlich ist die Maschine mitten im Waschprogramm hängen geblieben. 40 Minuten lang hat sie gar nichts mehr gemacht und ich hab auch die Tür nicht aufgekriegt um meine Sachen raus zu holen. Warum passiert so was immer mir? Irgendwo im Salon fand ich einen Zettel mit einer Notfallnummer und da hab ich angerufen. Eine viertel Stunde später kam auch schon jemand vorbei. In der Zwischenzeit war die Maschine aber wieder von alleine angelaufen und lief jetzt wieder ganz normal. Das hab ich dem Mann auch erklärt und er hat mir freundlicherweise sogar die 2,75$ erstattet. Sehr schön. Ich brauchte also nur noch nen Dollar für den Trockner bezahlen. Das ging reibungslos und kurz darauf war ich wieder auf der Straße.
So ein richtiges Ziel hatte ich heute nicht. Ich wusste aber, dass Washington nordöstlich von mir liegt. Also bin ich einfach mal drauf losgefahren, entweder nach Norden oder nach Osten. An jeder Kreuzung hab ich mich praktisch neu entschieden. Die Straßenschilder zeigen hier ja nicht nur die Nummer des Highways an sondern auch in welche Himmelsrichtung er verläuft. Ich bin also ne ganze Zeit lang immer zwischen North und East Highways hin und her gewechselt. War auch mal ganz schön so frei nach Himmelsrichtungen zu fahren. Sind auch ein paar echt schöne Strecken dabei rausgekommen.
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Ab vier Uhr hab ich die Augen mal nach einem Campingplatz offengehalten. Völlig unbemerkt hab ich dabei kurz nach Bristol die Grenze zu Virginia überquert.

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In Bristol


Dort musste ich auch gleich an einem Bahnübergang auf den längsten Zug der mir je begegnet ist warten. Bei hundert Wagons hab ich aufgehört zu zählen. Hat gute fünf Minuten gedauert bis der Zug endlich durch war.
So kurz hinter der Grenzen wird man ja auch immer auf die jeweils im Bundesstaat geltenden Verkehrsgesetze hingewiesen. In Virginia jedenfalls sollte man sich wohl tunlichst an die Speed Limits halten, sonst lassen die am Ende noch die Air Force aufsteigen und man wird von der Straße geschossen.
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Ganz so schlimm ists in Wirklichkeit aber nicht, das Schild macht eigentlich nur darauf aufmerksam, dass hier nicht nur ganz normale Blitzer und Radarfallen stehen die einen bei zu schnellem Fahren erwischen, sondern dass ganz amerikanisch Drohnen in der Luft unterwegs sind, die den Verkehr überwachen und einen auch dann für zu schnelles Fahren kriegen können wenn man die selbst gar nicht sieht. Ein zugegebenermaßen beunruhigendes Gefühl dermaßen überwacht zu werden.
Die ersten Campingplätze die ich gefunden hab waren direkt an einer Drag Race Strecke gelegen. Die hatten allerdings den kleinen Nachteil, dass die Campingplätze nur geöffnet waren wenn gerade ein Rennen stattfand, was jetzt natürlich nicht der Fall war. Ich musste mir also was anderes suchen.
Ein Hinweisschild machte mich dann auf den Sugar Hollow Campground aufmerksam, den wollt ich nehmen, inzwischen war es ja auch schon sechs Uhr. Aber selbst mit Navi hat es ne ganze Weile gedauert bis ich den endlich gefunden hab. Mit 16$ war er dafür angenehm günstig. Wichtig war nach dem Zelt aufbauen ein Feuer im Grill hinzukriegen, denn ich hatte noch Fleisch im Kühlschrank das unbedingt weg musste. Einziges Problem: Ich hatte keine Kohlen. Also wollt ich im Wald etwas Holz sammeln und wenn das zu ner ordentlichen Glut geworden ist eben darauf grillen. Der Plan hatte nur noch einen winzigen Haken: Es hat scheinbar kurz vor meiner Ankunft hier heftig geregnet. Es war also alles Holz was ich finden konnte schön triefend nass. Aber ich mag ja diese Herausforderungen. Also hab ichs trotzdem mal versucht. Ein wenig Zeitungspapier zum anzünden hatte ich auch noch. Am Anfang sah es noch so aus als würde es klappen, aber keine Chance. Da war gar nichts zu holen.
An aufgeben war aber natürlich auch nicht zu denken. Das war inzwischen zu persönlich geworden. Also die ganz schweren Geschütze aufgefahren. Mit dem Taschenmesser die dicksten Äste soweit runter geschält bis das Holz einigermaßen trocken erschien, das dann zu einem ansehnlichen Haufen Späne zerkleinert und schön aufgeschichtet. Alles andere Holz dann irgendwie zum trocknen drum rum aufgestellt. Nach einer guten Stunde hatte ich es dann auch tatsächlich geschafft, mit viel Liebe und Fürsorge hab ich das Feuer großgezogen bis es stark genug war die halb durchweichten Ästchen in Brand zu stecken. Hat natürlich alles gequalmt und gedampft ohne Ende aber nach gut zwei Stunden hatte ich genügend Glut beisammen um das Fleisch drauf zu werfen.
Zumindest dachte ich das. Tatsächlich hat die Glut nicht ausgereicht um alle Scheiben ganz durch zu grillen und die letzten musste ich in meinem Kocher nochmal durchbraten bis sie essbar waren.
Eingeräuchert wie ich war musste ich nochmal duschen und bin dann noch ne ganze Weile im Auto gesessen und hab Radio gehört. 98.5 Rock, ein spitzen Sender der laufend Klassiker bringt.