Ein letztes mal in der Karibik aufstehen! Um sechs Uhr ging es raus aus den Betten und an den Frühstückstisch. Gegen halb acht haben wir den Anker hochgezogen und uns auf den Weg nach Florida gemacht.

Letzter Blick auf die Bahamas
Wind hatten wir wieder keinen, ziemlich nervig zum segeln, dafür war aber die Überfahrt extrem ruhig. Das Meer war teilweise so spiegelglatt, dass es nicht mehr wie Wasser aussah sondern wie ein ewig weites blaues Samttuch auf dem sich die paar Wolken am Himmel perfekt spiegelten.

Wo genau wir in Florida ankommen ist übrigens schwer zu sagen. Denn vor der Küste Floridas fließt der Golfstrom nach Norden, mit einer Geschwindigkeit von bis zu vier Knoten. Das wird uns natürlich auch weiter nördlich ankommen lassen als der Kurs auf unserer Karte vorgibt. Um dem etwas entgegenzuwirken und doch in Miami und nicht in Fort Lauderdale anzukommen sind wir von Bimini aus erst ein paar Meilen nach Süden gefahren und dann erst nach Westen Richtung Florida.
Während dieser gut achtstündigen Fahrt hatte ich natürlich auch genug Zeit um dieses sich nun dem Ende zuneigende Segel-Abenteuer Revue passieren zu lassen.
Gute zweieinhalb Monate, seit dem 25.3.14, war ich nun an Bord der RUNAWAY. Ich hab viel gesehen, viel gelernt und viel erlebt.
Ich hab die Grundlagen des Segelns gelernt, kenne die wichtigsten Knoten, weiß, dass ich so schnell nicht seekrank werde, kann ein Dinghy mit Außenborder recht gut steuern, konnte hier tiefer tauchen als jemals zuvor, hab gelernt, dass es nicht ganz so leicht ist eine Segelyacht nur mit dem Steuerrad auf Kurs zu halten wie man sich das vorstellt, hab einige neue Anregungen beim kochen erhalten, weiß jetzt wie man Fische ausnimmt und filetiert, kann Langusten fangen und zubereiten, weiß wie man Conches aus ihren Häusern kriegt und was man von ihnen Essen kann, hab einiges über das Wetter gelernt, kann mit richtig wenig Wasser abwaschen und duschen, kenne den Sternenhimmel inzwischen fast auswendig, hab den Luxus sauberer Wäsche neu zu schätzen gelernt, hab gelernt, das Haie deutlich mehr Angst vor mir haben als ich vor ihnen, hab gelernt was zu tun ist wenn man nicht auf die üblichen Wege in ein Land einreist, hab neue Leute kennengelernt, hab gelernt mit weniger auszukommen, kann die verschiedenen Fischarten der Karibik inzwischen ganz gut unterscheiden, hab gelernt, dass ein kleines Glas Nutella auch mal 13$ kosten kann, hab festgestellt wie sehr ich mein Handy brauche (mit Zugang zum Internet), hab gelernt richtig per Anhalter zu fahren, hab gelernt wie die ostfriesische Flagge aussieht, hab alle Karibikinseln in der richtigen Reihenfolge und mit Hauptstadt und Flagge gelernt, gelernt Strom zu sparen, karibisches Englisch und seine Grammatik gelernt, viel über die Kolonialvergangenheit der Karibik gelernt, weiß wieviele Meter eine Seemeile ist, kann Knoten in Kilometer pro Stunde umrechnen,… so viel fürs erste zu gelernt. Nicht schlecht für zehn Wochen.
Gesehen und erlebt? Mit Haien geschwommen, mit Schweinen geschwommen, im klarsten Wasser der Welt geschnorchelt, mit Rochen geschwommen, riesige Korallenriffe gesehen, unzählige Fische, einen Vulkan bestiegen, unter Wasserfällen gebadet, durch den Dschungel gestreift, in heißen Quellen relaxt, an einsamen Stränden entspannt, an Lianen durch den Regenwald geschwungen, unter einem landenden Flugzeug gestanden, hinter einem startenden Flugzeug gestanden, unter offenem Himmel geschlafen, mitten auf dem Meer geankert, Langusten selbst gefangen und in die Pfanne gehauen, Dutzende Fische gefangen, einen kleinen Hurrikan gesehen, 12 Meter tief getaucht, ein Huhn mit bloßen Händen gefangen, per Anhalter in einem Dinghy mitgefahren, unzählige Berge bestiegen, die Fluch der Karibik Drehorte besucht, in der James Bond Thunderball Grotte geschnorchelt, überhaupt geschnorchelt, geschnorchelt, geschnorchelt, mit einem Fisch bezahlt, drei Tage ohne Land zu betreten gesegelt, ich war der einzig wache Mensch in 50 Meilen Umkreis, hab unter Wasser geangelt, hab einen heißen und einen kalten kochenden See gesehen, bin ewig weit gelaufen, hab meine Kamera unter Wasser gesetzt, hab im Casino einen Dollar verzockt, hab den Carnival in Saint Maarten und den US Virgin Islands gesehen, hab irre viele teure (und schöne) Yachten gesehen, bin mit einem Delfin geschwommen, hab Delfine vor unserem Boot herschwimmen sehen, mehr Sternschnuppen gesehen als ich Wünsche hab, durfte ein paar Sonnenuntergänge mit grünem Blitz erleben, hab viele Festungen gesehen, die verschiedensten Biere gekostet, bin gesegelt, war in Ländern von denen ichp vorher nicht mal wusste, dass sie existieren,… auch nicht schlecht für zweieinhalb Monate.
Wo hats mir nun am besten gefallen? Der Preis geht eindeutig an Dominica. Vom Massentourismus bisher verschont, freundliche und hilfsbereite Menschen überall, und eine Natur die einem schlicht und einfach den Atem verschlägt. Wenn ich jetzt anfangen würde das zu beschreiben, würde ich morgen noch da sitzen und tippen. Also fasse ich mich kurz: Bevor ich auf Dominica war hätte ich nicht gedacht, dass es so unendlich viele Varianten der Farbe grün gibt.
Wenns mir wo am besten gefällt, muss es mir auch wo weniger gut gefallen haben. Das wäre dann Sint Maarten. Die Flughafenattraktion mal ausgenommen hatte diese Insel wirklich nichts zu bieten außer hunderte von Wegen den Kreuzfahrern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Für Sint Maarten/Saint Martin waren wir einfach die falsche Zielgruppe.
Noch ein paar Sätze zu den zweieinhalb Monaten: Die Zeit verging wirklich schnell. Aber trotzdem freue ich mich jetzt darauf wieder über Land zu reisen. Ich glaube selbst wenn es vom Weg her für mich noch Sinn gemacht hätte weiter zu segeln, wäre jetzt so langsam der Zeitpunkt erreicht an dem ich von Bord gehen würde. Es wird einfach mal Zeit wieder was anderes zu sehen. Ich vermisse auch ganz ehrlich ein bisschen Privatsphäre. Man kann hier zwar die Kabinentüren schließen, aber man hockt halt immer noch zu viert auf sehr engem Raum zusammen. Außerdem ist man halt immer in der Gruppe unterwegs was auch immer wieder mit Kompromissen verbunden ist. Ich freu mich schon darauf mal wieder alleine zu entscheiden was und wann ich etwas mache.
Aber wie gesagt, ich hab die Zeit auf jeden Fall genoßen und wenn ich nochmal so eine günstige Gelegenheit zum mitsegeln find werd ich das sicher tun. Doch was heißt schon günstig? Zum einen war die Route für mich ideal, da ich im Süden der Karibik war und bis zu den USA hoch wollte. Zum anderen war der Preis halt auch echt gut. 10€ pro Nacht für meine Kabine. Dazu kommt noch die Bordkasse die sich die meiste Zeit über auf vier Personen aufgeteilt hat. Einkäufe, Benzin- und Dieselkosten, Wasser, Einreise- und Ausreisegebühren und Kosten für Moorings. Da kommt schon auch was zusammen, aber wenn mans durch vier teilen kann geht das schon. Im Schnitt kamen dann so weitere 10€ pro Tag dazu. Alles in allem also 20€ am Tag um mit Vollverpflegung durch die Karibik zu segeln. Ein guter Deal.
Nachdem ich die Überfahrt zum großen Teil zum verfassen obiger Zeilen verbracht hab, kam gegen 15 Uhr die Skyline von Miami in Sicht.

Da wurden Erinnerungen an meinen letzten Besuch wach. Außerdem war dort schon mehr Schiffsverkehr als auf den kleinen Karibikinseln. Aber wir haben auch die Einfahrt ins Hafengebiet gemeistert. Wir wollten zwischen der vorgelagerten Insel Miami Beach und Downtown Miami ankern und folgten unserer vorher festgelegten Route bis wir auf ein nicht zu vernachlässigendes Hindernis stießen: Eine Brücke die für unsere 18 Meter Höhe nicht groß genug war. Unseren angestrebten Ankerplatz konnten wir also schon mal vergessen. Um nach Alternativen zu suchen sind wir erst mal ans Fuel Dock der Miami Beach Marina gefahren. Ganz nebenbei konnten wir auch gleich Diesel tanken, denn die letzten Tage ohne Wind sind wir ja dauernd mit Motoren gefahren. Eine überaus angenehme Überraschung: Das Wasser das wir hier auch gleich aufgefüllt haben war gratis. Einen anderen Ankerplatz praktisch gleich um die Ecke konnten wir da auch in Erfahrung bringen.
Was die Frage nach unserer Wiedereinreise in die USA betrifft: Von der Marina aus hat sich Reinhard telefonisch bei den zuständigen Behörden gemeldet. Die haben aber gesagt wir müssen innerhalb von 24 Stunden persönlich bei denen erscheinen um all die Formalitäten zu erledigen. Es bleibt also spannend.
Wir sind nach dem Tanken also zu der kleinen privaten Insel Fischer Island im Süden von Miami Beach gefahren. Dort sind wir vor Anker gegangen und hatten einen wundervollen Blick auf die Skyline von Miami.
Da wir heute nicht zum einkaufen gekommen sind und wir, da wir ja noch nicht offiziell angemeldet sind, auch nicht zu nem Restaurant gehen wollten hat es mal wieder Nudeln gegeben und zum Nachtisch nen Film.