Was für ein Tag! Doch der Reihe nach.
Das Geheule der Kojoten dauerte nur etwa eine Stunde an, dann war wieder Totenstille. Mir war das scheinbar zu still, hab nicht ganz so gut geschlafen wie sonst, bin immer wieder aufgewacht. Kann aber auch an der Kälte gelegen haben. Die war auch der Grund dafür, dass ich erst gegen 8 Uhr losgefahren bin. Die Sonne war zwar schon um 6 aufgegangen doch es war so kalt, dass ich meinen Schlafsack nicht verlassen wollte. Als ich endlich aufgestanden bin hat die Morgensonne die Wiese auch schon in ein schönes Licht getaucht.
Über die Schotterpiste ging es zurück zum Highway und von dort aus zu meinem ersten Stop.


Der Panum Krater. Erst vor 650 Jahren ausgebrochen ist er Teil des jüngsten Gebirges der USA. Da ich immer noch verhältnismäßig früh da war hatte ich auch den Vulkan für mich allein. Niemand sonst war da.
Zu Fuß ging es hoch auf den Kraterrand, was zum Glück nicht all zu hoch war. Der Weg war voller Vulkangestein aus der Zeit des Ausbruchs. Bimstein Brocken, so groß wie ein Fußball und genau so schwer. Es fällt nicht schwer zu glauben, dass diese Steine im Wasser schwimmen. Außerdem liegt hier massig Obsidian herum. Pechschwarz, mit spiegelglatten Oberflächen und rasiermesserscharfen Kanten. Ich hab’s ausprobiert, ich konnte mir damit mit Leichtigkeit die Haare am Unterarm abrasieren.
Nachdem ich am Kraterrand angelangt war teilte sich der Weg. Entweder am Krater entlang einmal um den Vulkan herum oder in den Krater selbst.
Die Frage welchen Weg ich genommen hab erübrigt sich wohl. Vom Kraterrand ging es zuerst nach unten und dann wieder nach oben, denn der eigentliche Krater liegt höher als sein Rand. Man kann sich das wie einen Stöpsel vorstellen. Da bin ich also hoch gelaufen und war dann im Gebiet des Kraters. Eine absolut einmalige Szenerie. Zerklüftete Felsen, klein und groß, Ströme geschmolzenen und erhärten Obsidians, schwarz, rot und grau. Ein fast schon surrealer Anblick der mich magisch anzog. Ich verließ also den eigentlichen Trail und bin über die Felsen und Steine einmal quer durch, wobei mein Weg natürlich keine Gerade war sondern dem Gelände angepasst werden musste. Jeder Schritt hörte sich entweder an als würde man auf morschen Holzscheiten laufen wenn man auf Bimstein steigt oder aber als läuft man über tausende von Glasscherben wenn man auf den tausenden Obsidianscherben läuft. Ein einmaliges Erlebnis, dass damit gekrönt wurde, dass ich als ich einmal durch den Krater durch war auch noch einen schönen Blick auf den Mono Lake hatte.




Den Rückweg wollte ich anders wählen als den Hinweg. So hab ich noch einen kleinen Umweg eingebaut um auf einen der höchsten Punkte im Vulkan zu klettern.
Ein phantastisches Erlebnis. Danach ging es gleich weiter zum Mono Lake. Hier fließen einige Flüsse aus den Bergen rein, der See hat aber keinen Abfluss. Das Wasser verdunstet also nur und lässt die Mineralien aus den Bergen zurück und deren Konzentration steigt und steigt. Der See ist zweieinhalb mal so salzig wie das Meer und ungeheuer alkalisch, mit einem pH Wert von 10 für die Chemiker. Das macht das Wasser im See sehr seifig. Wenn man da rein langt fühlt man das auch. Es fühlt sich sehr schmierig an. Schmecken kann mans auch, sehr bitter und natürlich sehr salzig.
Eine weitere Eigenart dieses Sees sind die Tufa Säulen die am Ufer stehen. Die entstanden durch Süßwasserquellen die unter der Wasseroberfläche in den See sprudelte. Dieses Wasser enthielt aus den Bergen unter anderem Natriumcarbonat, also Backsoda (NaCO3). Das reagierte mit einem Salz das im Seewasser gelöst war, Kalziumchlorid CaCl. Der Ergebnis waren neben gewöhnlichem Kochsalz auch Kalziumcarbonat(CaCO3)-Kristalle, besser bekannt unter dem Namen Kalk. Und die türmen sich unter Wasser zu diesen Säulen auf. Warum man die heute an Land sehen kann? 1964 hat Los Angeles angefangen seinen Wasserbedarf aus den Flüssen die den Mono Lake speisen zu decken. In dessen Folge ist der Wasserstand des Sees bis heute um 12 Meter gesunken und die Tufa Säulen stehen plötzlich an Land.




Fische leben keine im See, dafür unzählige Vögel und kleine Krebschen. Und die angenehmsten Fliegen die mir je im Leben begegnet sind. Als ich so ein bisschen abseits des Weges am Sees entlang ging fiel mir ein etwa zwei Quadratmeter großer schwarzer Fleck am Ufer auf. Bei näherem betrachten stellte ich fest, dass das tausende von Fliegen waren. Ich dacht schon, dass die jetzt gleich alle auf mich losgehen werden und ich in einer Wolke aus Fliegen eingehüllt sein werde. Aber nix da. Keine Reaktion auf mich. Erst als ich noch näher kam tat sich was. Ich bin mit einer Hand etwas näher an die Fliegen ran und was musste ich sehen: die fliegen davon! Die weichen mir aus. Das hab ich soweit getrieben dass ich versucht hab mal wenigstens eine der Fliegen irgendwie zu berühren. Aber keine Chance. Als hätte ich ein Kraftfeld um mich das die Fliegen abstößt.
Ich bin dann noch etwas weiter um den See gewandert, weg von den Pfaden auf denen die Touristen durchgeschleust werden. Da gab’s dann auch deutlich mehr Vögel zu sehen. Außerdem hab ich mitten in einer Wiese noch eine heiße Quelle entdeckt in der das Baden aber ausdrücklich verboten war.


Zurück am Auto stand ich nun erneut vor der Frage: wohin jetzt? Zurück über die Sierra Nevada und noch nen Abstecher ins Nappa Valley? Oder weiter nach Norden nach Reno? Kurz die Karte studiert und eine Entscheidung gefällt. Ging zwar wieder zurück nach Süden, auf Los Angeles zu, aber das lässt sich nun mal nicht ändern. Denn etwa 220 Meilen südlich vom Mono Lake liegt der Death Valley National Park. Und wenn ich schon mal da bin würd ich den schon gern mitnehmen. Also rein ins Auto und ab nach Süden gebrettert. Der Highway 395 verlief fast immer schnurgerade, rechts von den hohen Bergen der Sierra Nevada flankiert. Auf der Strecke war sonst wenig geboten. Da half nur gute Musik rein und mental auf Autopilot gehen. So gingen die gut drei Stunden Fahrt, nur unterbrochen durch einen Tankstop in Bishop, auch recht fix rum.



Und dann hab ich gegen vier die Grenze zum National Park erreicht. Die Straße wurde schlagartig besser und vor allem interessanter. Wieder einmal eine der schönsten Straßen meiner bisherigen Reise. In top Zustand und verläuft durch einmalige Landschaften. Von etwa 5000 Fuss Höhe ging es runter in ein erstes Tal auf noch 300 Fuss über dem Meer. Als ich noch oben war ging schon ein guter Wind und es war auch schon recht warm mit um die 30 Grad. Aber mit jedem Meter den es runter ging schien das Thermometer zu steigen bis es im Tal letztlich an die 38 Grad waren. Und dazu noch der Wind. Es war als stände man im Luftstrom eines riesigen Föhns in den noch jemand etwas ganz feinen Sand rieseln lässt.
Die Straße führte nun wieder aus dem Tal heraus, schnurgerade am Anfang und dann auch schon mit Kurven. Nach dem etwa 10 Meilen langen Anstieg folgte die nächste Abwärtspassage ins nächste Tal. Die Strecke war nun wie eine Achterbahn, allerdings ohne Looping. Da waren so viele Senken und Kuppen drin, dass ich immer wieder heftig in den Sitz gedrückt oder fast die Strecke unter den Rädern verloren hätte. Fahrspaß pur.
Im nächsten Tal war dann auch ein Visitor Center in dem ich eine Karte des Parks und ein paar Infos erhielt. Bis zum Sonnenuntergang hatte ich noch etwas Zeit und ein Campingplatz, kostenlos war nur ein paar Meilen weiter. Also hatte ich noch Zeit mir die Sanddünen die es hier im Tal gab anzusehen.

Da kommen Erinnerungen an die Sahara in Marokko hoch. Doch gegen die Dünen wirken diese hier nur wie Zwerge.
Ein paar Meilen weiter waren dann die „Devil’s Cornfields“, des Teufels Getreidefelder. Die heißen so wegen der Büsche die hier wachsen und so aussehen wie Getreide das nach der Ernte zu Türmen aufgeschlichtet wurde. Und wer anders als der Teufel könnte in dieser Gegend schon was anbauen. Lange hielt man es hier auch nicht außerhalb des Autos aus. Dabei war die Sonne schon nicht mehr so hoch. Und auch hier wieder dieser heiße Wind. Das war übrigens jetzt auch die erste Stelle die unter dem Meeresspiegel liegt.

Schnell wieder zurück ins Auto und die Klimaanlage. Nun wollte ich meinen Campingplatz anfahren, der zum Glück auf 2100 Fuss Höhe liegt wo es etwas kühler sein dürfte. Aber nicht viel. Naja, nach der gestrigen Nacht sag ich lieber zu warm als zu kalt. Laut Wetterbericht an der Rangerstation soll es hier auch nachts nicht unter 25 Grad kalt werden.
Am Campingplatz, der eigentlich nur ein Geröllfeld mit etwas weniger großen Steinen ist (mein armer Zeltboden) ist es nicht mehr ganz so still wie gestern. Ab und zu kommt ein Auto auf der Straße vorbei. Es weht ein leiser Wind. Und zwei oder drei Grillen sind ganz zaghaft zu hören. Bin ganz zufrieden mit dem Platz, vor allem zu dem Preis. Bären sind hier auch keine zu erwarten. Pumas auch nicht. Hier sollte man mehr auf Schlangen, Skorpione und Spinnen achten, die mir mein Zelt aber vom Leib halten sollte. Und einen kleinen Wüstenfuchs hab ich schon auf dem Platz nach Einbruch der Dunkelheit rumstreunen sehen. Wenn der allerdings wie sein großer Verwandter in Spanien mein Zelt in der Nacht anknabbern sollte, dann kann er sich warm anziehen.

Inzwischen ist es 22 Uhr. Ich hab vier weitere Zelte um mich herum. Der Wind frischt etwas auf. Es ist immer noch zu heiß um auch nur an einen Schlafsack zu denken. Der Sternenhimmel ist allerdings erstklassig. Keine Wolke am Himmel.

