Heute war es also soweit, die letzten Stunden vor dem vielgelobten Carnival auf Trinidad haben begonnen. Um 9 Uhr bin ich mit einem wieder mal reichhaltigen Frühstück in den Tag gestartet. Anschließend hab ich mir nen kleinen Rucksack gepackt in den alles rein kam was ich die nächsten drei Tage brauchen würde, denn für die Carnivalszeit ist eine Unterkunft in oder nahe Port of Spain schon etwas was man braucht. Glücklicherweise hat sich Keren angebotenen mir für diese Zeit eine Unterkunft in ihrer Wohnung zu gewähren. Hab ja vorgestern schon auf ihrer Couch geschlafen. Um elf haben Ginelle und Keren mich dann abgeholt. Mein restliches Zeug hab ich bei Marcelle gelassen. Die Fahrt hab ich auch gleich genutzt um ein paar Schnappschüsse von der Landschaft zu machen damit man mal ne Vorstellung kriegt wies hier so auf dem Land aussieht.
Bei Keren haben wir (naja „wir“ ist etwas übertrieben, Thomas und ich haben das Kochen den Frauen überlassen) dann Mittagessen gekocht. Es gab Rotis, wobei ich ja jetzt zum Glück weiß wie man die richtig isst.
Nach dem Essen kam dann der angenehme Part wo man nochmal versucht ein paar Stunden Schlaf zu erhaschen. Ich hab dann bis um acht auch ganz komfortabel auf der Couch geschlafen.
Dann ging die Vorbereitung los. Zusammen mit Margot und anderen hatte ich ein Ticket für die J’ouvert Party in einer der Carnival Bands.
Vielleicht mal ein kurzes Wort zu den Bands: mit einer Musik Band hat das wenig zu tun, das sind im Prinzip Carnivalsvereine. Davon gibt’s in Port of Spain sicher an die hundert Stück, in allen Größen. Die organisieren dann eben solche Pre-Carnival Partys und natürlich die Mas (= Carnivalsumzüge) für ihre Mitglieder, wobei Mitglied jeder mit einem entsprechenden Ticket ist. Das ganze hat selbstverständlich auch Wettkampfcharakter, die einzelnen Bands versuchen bei den Umzügen die Jury mit Kostümen und Performance zu überzeugen um als Sieger aus dem Carnival hervorzugehen. Kostüme sind absolute Pflicht wenn man bei der Mas mitmachen will und dass Design der Kostüme wird von jeder Band vorgegeben. Die Tatsache, dass man das Kostüm allerdings nur ein einziges Mal benutzt, denn jedes Jahr gibt’s ein anderes Motto, und der Preis von 500€ und deutlich aufwärts haben mich aber davon abgehalten selber aktiv mitzumachen. Stattdessen eben nur J’ouvert was mit etwa 70€ zu buche schlug. Aber das Geld auf jeden Fall wert war.
J’ouvert, wie gesagt eine Pre Carnival Party beginnt Montags um 2 Uhr morgens und dauert bis um 10 Uhr am morgen und geht dann quasi nahtlos in die Umzüge über. Ich hatte so ein bisschen Unsicherheit was ich den zu J’ouvert anziehen soll, denn nach allem was ich weiß ist das ne durchaus dreckige Angelegenheit. Letztendlich hab ich mich für ne Badehose entschieden, dazu meine Turnschuhe und ein T-Shirt das freundlicherweise im Eintrittspreis enthalten war. Fotos wollte ich nach Möglichkeit natürlich auch ganz gerne machen. Mit meinem Handy in nem Zipp Lock Plastikbeutel hab ich mich dann auch ganz wohl gefühlt. Zumal meine Badehose eine Reißverschlusstasche hatte in der das Handy grad so reingepasst hat. Denn gerade solche Partys sind für Taschendiebe natürlich ein Paradies. Dadurch dass das Handy allerdings grad so reingepasst hat hab ich mich da schon sehr sicher gefühlt. Selbst ich brauchte ne knappe halbe Minute um es da wieder raus zu holen, also konnte ich, solange mir meine Badehose als ganzes nicht abhanden kommt, mir der Sicherheit meiner Wertsachen doch sicher sein. Brille war natürlich ebenfalls nicht angebracht, also mussten zwei meiner Reserve Kontaktlinsen ran.
Ich war also bereit und noch etwas unsicher was mich denn genau erwartet hab ich mich um elf auf den Weg zum Highway gemacht, denn Margot und Felix sind vor kurzem aus Barbados eingeflogen und konnten mich mit in die Stadt nehmen. Der Taxifahrer musste im Prinzip nur kurz am Straßenrand halten und mich einsteigen lassen. Das war aber offenbar so ein wahnsinniger Aufwand für ihn, dass er mich am liebsten stehen gelassen hätte. Ich habs Margot zu verdanken die ihn doch noch dazu bringen konnte anzuhalten. Er hat sich dann während der Fahrt auch als wirklich der erste unfreundliche Trini herausgestellt der mir bisher begegnet ist. Kommt vor.
In Port of Spain angekommen haben wir drei uns dann mit Jeremy und Matthieu getroffen. Margot und Felix haben ihre Sachen bei einer Freundin abgeladen, denn für die zwei Wochen Carnival wurde Margot ja aus ihrer Wohnung geworfen, und wir haben uns dann zu Fuß auf den Weg zu unserem J’ouvert Treffpunkt gemacht. War ein ganz schöner Marsch, etwas über eine Stunde. Aber zum Glück war der Weg dorthin reichlich mit kleinen Ständen bestückt die einem das ein oder andere Bier verkauften um den Marsch erträglicher zu machen. Gegen drei waren wir dann auch endlich angekommen.
Zusammen mit etwa dreihundert anderen Leuten haben wir auf ner Wiese dem Abmarschtermin entgegen gefiebert. Den J’ouvert ist eine sich bewegende Straßenparty. Doch dazu später mehr. Wir haben also gleich nach unserer Ankunft ein Foto gemacht, denn uns war klar, dass wir nicht lange so präsentabel bleiben würden.
Hinter uns auf dem Foto sieht man übrigens eine der auf einen Truck montierten Bars bei denen wir freie Auswahl an Getränken hatten. Da ich wusste, dass es ne lange Nacht wird solltens für mich zu Beginn erst mal ein paar Red Bull sein bevor die Sache so richtig losging.
Dann ging’s auch los. Es wurden Plastikflaschen verteilt die mit Farbe gefüllt waren und Löcher zum spritzen im Deckel hatten. Dazu noch kübelweise Matsch und Schlamm und schon war jeder ausgerüstet für ne richtig gute Schlammschlacht. Das war schon mal ein guter Auftakt für die Nacht und ich bin auch froh um den Plastikbeutel der sich um mein Handy herum befand. Die Tatsache, dass die Farbe zum größten Teil blutrot war hat das ganze dann auch nochmal n bisschen gruseliger gemacht.
Um vier rum waren wir dann endlich on the Road. Drei rollende Bars, dutzende Leute mit kleinen Wägen voller Eis und Dosenbier und natürlich das wichtigste: ein Soundtruck. Ein Lastwagen dessen gesamte Ladefläche von zwei Dingen ausgefüllt war. Einem DJ und Lautsprecherboxen. Und der DJ hat nicht wirklich viel Platz beansprucht. Der Sound war enorm, wenn wir an parkenden Autos vorbei sind (Mal ehrlich, an Carnival parkt man sein Auto nicht in der Stadt, ich nehme an diese Lektion haben heute Nacht einige Leute schmerzhaft gelernt) haben die Scheiben vibriert als waren sie kurz vorm zerspringen. Und da das ganze Spektakel bis um zehn Uhr am morgen ging und wir nicht die einzigen waren sondern nur eine Band aus fast einhundert bin ich mir ziemlich sicher, dass in dieser Nacht nicht eine Person in Port of Spain geschlafen hat. Das kann physikalisch nicht möglich gewesen sein. Die Musik war natürlich dem Carnival entsprechend nur das beste aus den aktuellen Carnivals Hits.
Ansonsten wars echt klasse und hat alle meine Erwartungen übertroffen. Es war ne super Stimmung, jeder war gut drauf. Ich hab sogar Elisa aus Barbados in ner anderen Band getroffen als sich unsere Wege mal wieder mit ner anderen Band gekreuzt haben. Dafür hab ich unterwegs auch irgendwann mal Margot und die anderen verloren, es waren aber immer andere Leute da, ich war nie allein. Gegen acht neigte sich unser Umzug dann langsam dem Ende und ein weiterer Truck kam zum Einsatz. Der Wassertruck. Der fuhr ne ganze Weile mit uns mit und seine einzige Aufgabe war die Leute abzuspritzen um den Schlamm und die Farbe wenigstens etwas abzuspülen. Kleine Nebeninfo: Temperatur sowohl vor als auch nach Sonnenaufgang: 27-29 Grad.
Als wir dann wieder an den Ausgangspunkt kamen gab’s für jeden nochmal ein Frühstück und ich hab eigentlich gedacht ich finde die anderen hier wieder. War aber nicht so.
Also blieb mir nichts anderes übrig als mich langsam auf den Heimweg zu machen. Das beinhaltete einen halbstündigen Marsch durch Port of Spain. Ich war jedoch nicht der einzige dem man ansah, dass er von J’ouvert kam. Ich hab dann noch nen kurzen Snack bei KFC zu mir genommen bevor ich mich dann im Busterminal in eines der Maxi Taxis gesetzt hab das mich zurück zu Kerens Apartment bringen sollte. Jedoch war Carnival scheinbar genug Anlass für die Fahrer etwas mehr Kohle rausschlagen zu wollen. Denn ich musste drei Taxis nehmen weil jeder nur eine Teilstrecke fuhr und bei jedem natürlich den vollen Fahrpreis zahlen. Verglichen mit Europa zwar immer noch günstig aber eben doch nervig. Die letzten paar hundert Meter musste ich dann laufen, noch einmal über den Highway und schon war ich da. Die anderen waren auch schon Zuhause. Ich bin dann unter die Dusche, hab glücklicherweise den Großteil der Farbe runter gebracht und mich dann um 12 für nen dreistündigen Powernap hingelegt.