Ich hab heute verhältnismäßig gut geschlafen, zumindest besser als meine letzte Nacht im Auto. Man hat einfach auch mehr Beinfreiheit wenn man den Fahrersitz umklappt als sich quer auf die Rückbank legend.
Gegen acht Uhr bin ich aufgestanden, es war ein wolkenloser blauer Himmel der mich an diesem Morgen grüßte. Geplant hatte ich für heute in den Shenandoah National Park zu fahren. Wie üblich gibt’s da auf jedem Campingplatz einen Grill, also bin ich nochmal in den Walmart gagangen um dort ein paar saftige Steaks und Grillkohle zu kaufen. Und einen Sack Eis, denn was würde zu einem herrlichen Steak besser passen als ein eiskaltes Bier?
Dann hab ich noch ne gute Stunde damit verbracht mich nach Hostels in Washington DC umzusehen, denn es dauert ja nicht mehr lange bis ich da ankomme und wenn dann am 4. July der Independence Day ansteht muss sogar ich wahrscheinlich ein Hostel im voraus reservieren. Reserviert hab ich aber noch keins, mich nur mal über die Preise informiert. Man kann so 30$ aufwärts pro Nacht rechnen. Für für fünf Nächte geht das schon etwas ins Geld, deshalb hab ich gleich noch ein paar Anfragen auf Couchsurfing rausgeschickt um vielleicht kurzfristig noch jemanden zu finden der mich umsonst auf seiner Couch schlafen lässt.
Nachdem das alles erledigt war hab ich noch eine Nachricht von Zuhause gekriegt wonach ich Post gekriegt hab die mich daran erinnern soll, dass meine letzte Tollwut Impfung nun fällig wäre. Ist also tatsächlich schon ein Jahr rum seit ich unterwegs bin…
Weil im Walmart auch immer eine Apotheke drin ist dacht ich mir ich hol da gleich den Impfstoff und lass mich dann in irgendeinem Krankenhaus impfen.
Doch da kam schon die erste Überraschung: der Impfstoff wird hier nicht in den Apotheken verkauft, ich soll mein Glück mal in nem Health Center versuchen.
Also gut, Google gefragt wo das nächstgelegene Health Center ist und mich auf den Weg gemacht. Dort angekommen staunte ich erst mal nicht schlecht, mich erwartete ein riesiger Prachtbau in einer Landschaft die gut und gerne ein Country Club hätte sein können. Da schlug mein Kostenradar natürlich gleich mal Alarm, denn was so aussieht ist niemals günstig. Schon gar nicht in den USA.
Ich bin also da rein und hab mein Anliegen an der Information erklärt, ich bräuchte eine Tollwut Auffrischung. Etwas verwundert wurde ich weiter geschickt zur Notaufnahme. Auch hier alles nur vom feinsten. Ich war schon froh, dass ich für die Wegbeschreibung zur Notaufnahme nichts zahlen musste. Dort hab ich meine Story nochmal erzählt und ein Pfleger erklärte mir dann man würde hier in den USA nicht gegen Tollwut impfen, nur wenn man sich infiziert hat gibt es eine aktiv Immunisierung. Ich könne aber genre auch einen Arzt dazu befragen wenn mir seine Auskunft nicht reicht. Die Frau am Empfang war auch gleich bereit eine Patientenakte für mich anzulegen. Als ich mal gefragt hab war mich diese Frage an den Arzt jetzt denn kosten würde meinte sie das kann sie nun wirklich nicht sagen. Nicht mal ne Schätzung wollte sie abgeben. Das war mir dann doch deutlich zu viel Risiko, man weiß ja, dass die Kosten für Health Care in den USA gerne mal auch bei Kleinigkeiten in den vierstelligen Dollar Bereich gehen, und eine einfache Impfung wird von keiner Auslandsreisekrankenversicherung übernommen.
Was das Thema Gesundheitsfürsorge für die breite Masse der Bevölkerung angeht sind die USA in der Hinsicht halt immer noch ein Dritte-Welt-Land. Gesundheit muss man sich dort wirklich leisten können. Da haben wirs in Europa hingegen echt gut.
Ich bin also also ohne da was zu zahlen abgezogen und wollte mit meinem Arzt in Deutschland nochmal Rücksprache halten was denn da nun am besten zu tun ist.
Ich hab mich dann weiter auf den Weg zum Shenandoah National Park gemacht und kam da auch nach ner guten Stunde an. 15$ Eintritt sollte das kosten. Ich hab aber gleich den America The Beautiful Pass genommen, der kostet 80$ und gestattet einem ein Jahr lang freien Eintritt in allen National Parks.
Der Park läuft entlang der Blue Ridge Mountains die sich von Süden nach Norden erstrecken und Teil der Appalachen sind. Die erheben sich hier etwa einen Kilometer über das übrige Umland. Mein Weg führte mich dann über den berühmten Skyline Drive nach Norden, am Bergrücken entlang mit wunderschönen Blicken zur linken und rechten Seite ins Tal.
Mein erster Gedanke war hier einfach mal das Zelt aufzuschlagen und mal einen etwas relaxteren Tag einzulegen. Ohne viel rumlaufen, einfach etwas entspannen, ein Buch lesen, abends ein schönes Steak grillen. Den größten der vier Campingplätze hab ich auch gleich angesteuert, Big Meadow Campground. Die liegen hier alle entlang des Skyline Drive. Dort hab ich auch schon die ersten Wildtiere gesehen.
Am Eingang zum Campground musste ich allerdings feststellen, dass die Nacht hier 20$ kostet, ich hab allerdings irgendwo was von 15$ gelesen. Also nochmal schnell die Fakten gecheckt und tatsächlich: Der Lewis Mountain Campground an dem ich schon vorbei gefahren bin verlangt nur 15$. Also bin ich nochmal dahin zurück gefahren.
Dort gab’s auch noch freie Plätze und ich hab mir einen genommen. Zelt aufgebaut, Schlafsack und Isomatte rein, und dann den Tag einfach nur ganz entspannt ausklingen lassen. Gegen halb sieben kam ein Park Ranger vorbei der für eine Activity um halb acht geworben hat. Die wollte ich mir noch ansehen.
Das war dann ein Vortrag über die Geschichte des National Parks und speziell dieses Campingplatzes. Durchaus interessant. Vorallem wusste ich nicht, dass Virginia zu den Südstaaten zählt und noch bis zu den 60ern richtige Rassentrennung hatte. Um genau zu sein ist der Campground auf dem ich gerade bin als Designated Negro Campground gegründet worden.
Danach gings weiter an den Grill. Es war hier nicht nur etwas kühler als ich es das letzte Jahr über hatte, knapp unter zwanzig Grad, sondern es sah auch verdächtig nach Regen aus. Hab nur gehofft, dass es hält bis ich fertig gegrillt hab. Das hat es zum Glück auch. Gerade als ich den letzten Bissen (Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bisher immer das falsche Fleisch gegrillt hab, es gibt nichts besseres als den Geschmack von nur mit etwas Salz gewürztem, unmariniertem Rindfleisch. Genau so angegrillt, dass es außen rum schon etwas krustig wird, aber innen drin noch richtig saftig ist. Und dann noch schön mit Fett durchzogen. Sagenhaft) durchgeschnitten hab hats richtig angefangen zu schütten. Zelt war zum Glück schon aufgebaut, ich bin aber trotzdem ins Auto um etwas bequemer im sitzen und mit Radio noch diese Zeilen zu schreiben.
Und tatsächlich scheint es in Virginia gerade heftiger zu regnen. Jedenfalls hab ich gerade beim Radiohören eine Unterbrechung gehört. Gerade kommt noch das Lied, plötzlich drei kurze Pieptöne gefolgt von einem langen und dann kam eine Ansage vom National Weather Service die sich anhörte wie über Funk, dass dieses und jenes County heute Nacht mit Überflutungen zu rechnen hat. Dann wieder die Pieptöne und der Radiosender war wieder da. So was hab ich auch noch nie gehört. Naja, auf einem Bergrücken werd ich wohl von keine Überflutungen befürchten müssen.