Per Anhalter durch die Karibik

Gleich nach dem Frühstück sind wir an Land gefahren, denn wir alle brauchten dringend mal wieder Kontakt zur Außenwelt in Form eines WLAN Hotspots. Den haben wir in einem kleinen Café am Strand gefunden.
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Es is halt schon irgendwie Fluch und Segen zugleich. Reinhard hat heute ziemlich viel Zeit gebraucht um alles zu erledigen, deshalb sind Sara, Max und ich alleine zu ner Tagestour aufgebrochen.
Mein Vorschlag erst mal in den Carbits National Park zu gehen und dort das alte Fort Shirley zu erkunden hat sich durchgesetzt. Das Fort befand sich auf zwei Hügeln direkt neben der Bucht von Portsmouth in der wir geankert haben, wir hatten also ne ziemlich gute Aussicht auf unseren Katamaran.
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Auf einem recht steinigen Pfad ging’s dann rauf zum Gipfel von einem der beiden Hügel auf dem uns nochmal ne alte Kanone und ein schöner Blick auf das türkise Meer unter uns erwartete.
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Auf einem anderen Pfad sind wir auf die Ruine eines Offiziershauses gestoßen.
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Bei näherer Erkundung und nach ignorieren eines „Keep out“ Schildes sind wir noch auf was ganz interessantes gestoßen. Ein Raum, etwa nen halben Meter gefüllt mit kleinen Steinen. Erst beim näheren betrachten wurde uns klar was das wirklich war: mindestens 200 Jahre alte, angerostete Kanonenkugeln.
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Gegen zwölf waren wir wieder im Eingangsbereich des Parks uns wollten eigentlich noch in das Museum schauen das schon seit acht Uhr offen sein sollte. Aber auch die Leute in dem Kiosk nebenan konnten uns nicht sagen warum die Dame noch nicht da war. Die müsste aber gleich kommen hieß es. Also haben wir etwas gewartet. Und noch etwas. Und noch etwas.
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Gegen eins kam sie dann und hat auch noch so scheinheilig gefragt ob wir denn auf sie gewartet hätten. Aber das is halt die Karibik, da gehen die Uhren einfach anders. Das Museum war jetzt aber auch nicht der Hammer, da hätten wir auch drauf verzichten können.
Als nächstes stand auf unserem Programm ein kleiner Ausflug in die Berge, dort oben sollte eine kalte Schwefelquelle sein der wir einen Besuch abstatten wollten. Das wären so gute 6 Kilometer bis dahin gewesen und wir meinten das geht zwar schon, aber um Zeit zu sparen wollten wir parallel zum Laufen versuchen per Anhalter hoch zu fahren.
Eine Minute nach dem wir uns auf den Weg gemacht haben kam auch schon ein Auto an und die Frau hatte den selben Weg und hat uns mitgenommen. Darüber war ich im Nachhinein echt froh, denn die Strecke ging brutal steil den Berg hoch. Die musste in ihrem Jeep schon öfter in den ersten Gang schalten.
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Während der Fahrt hat sie uns dann auch von der Schwefelquelle erzählt und immer wieder von „boiling cold water“, also kochendem kalten Wasser, gesprochen. Daraus wurden wir aber nicht so ganz schlau was sie damit jetzt meinte.
Am Trail zur Quelle angekommen hat sie uns aussteigen lassen.

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Unsere Fahrerin


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Was gleich aufgefallen ist: Es war ziemlich kalt hier oben. Abgesehen von klimatisierten Räumen war das mit Sicherheit die kälteste Temperatur die ich bisher in der Karibik hatte. Aber die Landschaft war einmal mehr einfach nur umwerfend. Diese grünen Berge sind einfach traumhaft. Und dann hört man hier alle möglichen Tiere. Kühe, Ziegen, Affen, Papageien.
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Der Weg zur Quelle war recht kurz, und dort angekommen war zum einen klar warum man nicht drin baden konnte, denn die Pools waren zu klein, und zum anderen dass es sich tatsächlich um Schwefelquellen handelt, den der Geruch war schon extrem ausgeprägt. Deutlich mehr als im Gebiet um den Boiling Lake.
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Auch die Sache mit dem boiling cold water machte plötzlich Sinn. Das Wasser ist tatsächlich kalt, sieht aber mit den Blubberbläschen die da drin aufsteigen aus als würde es kochen.
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Danach ging’s zurück zur Straße und wir wollten selbiger folgen bis wir an der Ostküste wieder unten am Meer rauskommen. Auch nochmal gute 15 Kilometer Strecke die wir auch wieder teilweise per Anhalter bewältigen wollten. Aber das hat ewig gedauert bis da eins kam. Also ging’s erst mal zu Fuß los, noch ein ganz schönes Stück den Berg rauf.
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Irgendwann war dann die Passhöhe erreicht und wir konnten das Meer wieder vor uns auf der anderen Seite der Halbinsel sehen.
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Von da an ging’s fast ausschließlich bergab, bergauf waren nur noch kurze Passagen. Das ging natürlich ganz schon in die Knie. Die Straße war auch wirklich total verlassen, noch kein Auto kam an uns vorbei und ein Bauer mit seinem Hund war die einzige Person die uns begegnet ist.
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Der Weg zog sich ganz schön in die Länge und uns wurde bald klar, dass wir heute nicht mehr ankommen wenn wir keine Mitfahrgelegenheit finden. Und siehe da, schon hörten wir über uns ein sehr lautes Motorgeräusch. Ein kleiner LKW mit Ladefläche. Zweites Auto das wir sehen, zweites Auto das uns mit nimmt. Das wir so ein Glück haben hätt ich auch nicht gedacht. Also rauf auf die Ladefläche und ab ging die Fahrt. War doch ganz schön wild, so rauf und runter jnd um die Kurven… anfangs sind wir noch recht vorsichtig auf der Ladefläche gesessen.
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Doch mit der Zeit gewöhnt man sich an die Achterbahnfahrt und als unser Fahrer kurz an ner Quelle gehalten hat um seine Wasserflasche aufzufüllen hat er gemeint wir müssten da nicht sitzen, wir können ruhig auch stehen. Das war auch nochmal ne richtig krasse Fahrt.
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Absolut undenkbar in Deutschland, hier Alltag.
Nach einigen Kilometern war dann auch in einem Dorf an der Straße Schluß mit unserer Fahrt, wir haben uns bedankt und sind gutgelaunt weiter gelaufen.
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Unser Lastwagen


Immer weiter die Straße entlang. An nem kleinen Bach haben wir uns kurz etwas abgekühlt bevor es weiter ging.
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Kurz darauf ist uns ein Orangenbaum am Straßenrand aufgefallen und wir dachten uns: Warum eigentlich nicht ein paar Orangen frisch vom Baum? Also zum Baum, der ein bisschen an nem Abhang stand runter gegangen, raufgeklettert und ein paar reife Orangen gepflückt.
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Saftig waren die schon, nur nicht süß sondern eher sauer. Und massig Kerne hatten sie drin. Aber so als Snack für zwischendurch auf der Wanderung gar nicht verkehrt.
So gingen wir weiter und weiter und als wir gerade anfingen uns ein bisschen über den weiten Weg der noch vor uns liegt zu beschweren, hören wir doch glatt ein Geräusch. Der selbe LKW, der selbe Fahrer, alles aufsteigen. Der hat uns dann nochmal ein eher kurzes Stück mitgenommen bis wir im Dorf Vieille Case gekommen sind. Dort war für uns wieder Endstation und wir sind ausgestiegen und haben uns umgesehen. Denn hier sollte eigentlich die Kirchenruine stehen die als Drehort auch im zweiten Teil von Fluch der Karibik Verwendung findet. Nachdem wir aber mit ein paar Leuten aus dem Dorf gesprochen haben haben wir erfahren, dass die Ruine abgerissen wurde, weil zu gefährlich. Sehr ärgerlich, die hätt ich wirklich gern gesehen. Stattdessen gab’s eben den Blick aufs Meer. Auch nicht schlecht.
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Wir waren inzwischen auch alle richtig durchgeschwitzt und wünschten uns nichts sehnlicher als eine Abkühlung im Meer. Also sind wir immer weiter runter gelaufen bis wir jemanden getroffen haben der uns ein nettes Plätzchen empfohlen hat, den „Cool Pool“. Ein kleiner Felsenpool in einer netten Bucht. Erstklassig. Und natürlich alles für uns alleine, da war niemand sonst unterwegs.
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Die Abkühlung tat sehr gut und gutgelaunt machten wir uns wieder auf den Weg. Noch gute drei Kilometer bis wir die Hauptstraße erreichten von der aus wir hofften einen Bus zurück nach Portsmouth bekommen zu können. Aber die drei Kilometer hatten es in sich. Brutal steil ging die Straße hier den Berg hoch. Wir waren schon fast am verzweifeln als wir ein vertrautes Geräusch wahrnahmen. Und tatsächlich, wie auf Bestellung, der Retter in der Not. Unser grüner LKW. Diesmal waren schon sieben andere auf der Ladefläche. Also sind wir auch wieder zugestiegen.
Schon genial. Der fährt halt einfach hier entlang und funktioniert nebenbei noch wie ein Taxi, nur ohne Bezahlung. Wir sind sogar nen fünfminütigen Umweg gefahren um ein paar Leute abzusetzen.
Auf unserer Fahrt bis zur Hauptstraße hab ich mich auch mit einem von hier unterhalten und wir haben so über dies und das geredet. Unter anderem über die Preise für Mieten. Keine Ahnung ob man das so glauben kann, aber der sagte mir, dass man pro Zimmer einen US$ pro Monat Miete zahlt. Keine Ahnung ob das jetzt nur für Bürger von Dominica gilt oder generell (natürlich nicht für Touristen, die wenigen Hotels sind alle so ab 100 $ zu haben).
Unten an der Hauptstraße angekommen sind wir wieder abgestiegen. Ich hab mir schon überlegt wie lange das jetzt wohl dauert bis da ein Bus vorbei kommt der noch drei Plätze frei hat. Wir haben natürlich auch wieder per Anhalter versucht. Und, große Überraschung, keine drei Minuten vergehen bis ein Van anhält. Drin sitzen ein Mann und eine Frau und die nehmen uns mit. Die kommen ursprünglich aus Kalifornien, sind aber vor acht Jahren nach Dominica gezogen weil das hier einfach das Paradies auf Erden ist. Kann ich schon irgendwie verstehen. Etwas in Eile waren sie auch, deshalb war der Fahrstil auch etwas flotter, denn die waren unterwegs zu einem Treffen mit dem Premierminister und waren schon etwas spät dran. Aber nett, dass sie trotzdem angehalten haben.
Gegen fünf waren wir wieder zurück in Portsmouth. Haben noch schnell bei Cobra vorbei geschaut ob er die DVD für uns auftreiben konnte. War aber leider nicht der Fall. Also sind wir wieder zurück zu dem Café am Strand gegangen und baben dort gewartet bis Reinhard uns wie ausgemacht um kurz vor sechs abholt.
Zum Abendessen gab’s nochmal was experimentelles, denn man hat hier an Bord natürlich begrenzte Ressourcen undmuss verwenden was grad vorrätig ist. Reis mit Erbsen-Ananas Soße. War aber echt gut. Zum Abschluss des abends haben noch ne Runde Karten gespielt.
Der Tag war so ereignisreich, dass hier mal ein kleines Fazit über Dominica angebracht ist. Nach diesem 40 Kilometer langen Trip heute kann ich sagen, dass wir hier nur super nette Leute getroffen haben. Per Anhalter fahren funktioniert hier exzellent. Die Landschaft ist der absolute Hammer, die Berge, wie das Land geformt ist, so was hab ich noch nicht gesehen. Man kann sich einfach nicht dran satt sehen. Dominica einfach bei jedem Schritt atemberaubend. Und Früchte gab’s auch überall auf unserer Route. Gegessen haben wir zwar nur Orangen und Mangos frisch vom Baum, aber es gab auch Bananen, Plantains, Kokosnüsse, Soursap, Ananas und jede Menge anderer Früchte die ich nicht mal identifizieren kann. Also einen Dollar fürs Zimmer pro Monat und Essen holt man sich einfach frisch aus dem Wald. Dann könnt man hier schon ein schönes Leben führen…

Boiling Lake

Um halb acht ging’s heute ans frühstücken. Die Kombüse gibt auch Rühr- und Spiegeleier her. Gut gestärkt haben wir uns gegen neun ins Dinghy gesetzt und sind die zehn Meter an Land gefahren. Der Plan für heute war eine Wanderung zum Boiling Lake, verschiedenen Reiseführern nach zu urteilen einer der schönsten und mit Sicherheit der anspruchsvollste Hike auf Dominica. Überall wird man darauf hingewiesen sich auf jeden Fall einen Guide zu nehmen, denn alleine diese Wanderung zu unternehmen sei offenbar unmöglich. Nun, einen Guide hab ich noch nie gebraucht und die sicherlich über 100$ wollten wir uns auch lieber sparen.
Doch zuerst mal mussten wir nach Laudat kommen, denn von dort hat man Zugang zum Morne Trois Pitons National Park wo der Wanderweg seinen Anfang nimmt. Das Problem dabei ist, dass heute Sonntag ist und damit keine Busse fahren. Wir haben aber gleich nachdem wir auf die Straße gegangen sind einen Taxifahrer getroffen der uns für nur 50 US$ hinfahren wollte. Nein danke. Also sind wir weiter in die Hauptstadt Roseau gelaufen bis wir nach etwa zwanzig Minuten an der Straße ankamen die ins Roseau Tal führt und in 10 Kilometern in Laudat auf einem Bergrücken endet. Wir hatten vor einfach per Anhalter hoch zu kommen. Das hat zu meiner großen Überraschung auch extrem gut funktioniert. Obwohl praktisch kein Verkehr war, hat schon nach 5 Minuten eine LKW angehalten der uns auf seier Ladefläche gute die Hälfte des Weges mitnehmen konnte. Die selbe Idee hatten auch drei Franzosen, weshalb wir zu fünft auf der Ladefläche saßen. Bequem wars nicht gerade und die Federung des Wagens war auch im Eimer wie ich an einem Speed Bump schmerzhaft feststellen musste. Aber besser schlecht gefahren als gut gelaufen.

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Wir wussten nicht so ganz genau wo uns denn die Bauarbeiter abgesetzt hatten und wie weit wir noch von Laudat entfernt waren. Aber Reinhard und ich sind einfach mal losgelaufen, auch wenn die Straße eine recht gute Steigerung hatte.

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Nach etwa fünf Minuten konnten wir dann einen Pick-up Truck anhalten und auf dessen deutlich kleinerer Ladefläche mit nach Laudat fahren. Die Franzosen, die nicht hochgelaufen sind sondern an der Straße gewartet haben waren auch mit drin, zusammen mit zwei einheimischen. Es war also entsprechend Eng. Angst deswegen von der Polizei angehalten zu werden mussten wir übrigens nicht haben, denn der Pick-up war ein Polizeifahrzeug. Auf unserer Fahrt hoch nach Laudat haben wir auch schon einen ersten Vorgeschmack auf den Regenwald in den uns die Wanderung führen sollte gekriegt: Es hat angefangen zu regnen. An der Endstation haben wir uns erst mal untergestellt und die Regenjacken angezogen. Und dann ging’s eben im Regen los. Nach etwa 500 Metern haben wir die Titou Schlucht erreicht, die wir aber vorerst links liegen gelassen haben, die wollten wir uns beim zurückkommen genauer anschauen. Dort sind wir übrigens nochmal auf ein paae Guides gestoßen die uns nochmal klar machen wollten, dass wir uns zu hundert Prozent verlaufen wenn wir ohne Guide losgehen.
Ohne Guide ging’s dann los. Der Weg wurde jetzt zu einem richtigen Pfad der sich durch den Regenwald windet, links und rechts üppiger Pflanzenwuchs. Das ganze stetig bergauf, deshalb waren im Boden Holzstufen angebracht um den Anstieg zu erleichtern. Für mich waren die aber irgendwie in einem blöden Abstand angebracht, so dass ich nicht so schön durchlaufen konnte wie ich das gern gewollt hätte. Noch dazu musste man aufpassen, denn die Holzbalken waren durch den vielen Regen teilweise sehr rutschig. Was mir noch aufgefallen ist: hier scheint es einen Vogel zu geben der ein extrem eigenartiges Pfeifen hat. Das lässt sich sehr gut beschreiben als eine altes, rostiges Gartentor das vom Wind hin und her bewegt wird und dabei dieses typische Quietschen von sich gibt. Nach ein paar Stunden ging das ziemlich auf die Nerven…

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Soweit hatte man noch nicht wirklich eine Gelegenheit sich zu verlaufen. Immer die Stufen hoch und runter. Ab und zu ging’s auch über kleinere Bäche, die man aber fast immer trockenen Fußes überqueren konnte.

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Reinhard und ich haben uns in der Zwischenzeit getrennt, durch meine ständige Foto Knipserei und Landschaftsbewunderung bin ich einfach nen Gang langsamer. Also ging’s für mich alleine weiter.
Man kam mit der Zeit immer höher rauf, was natürlich auch für spektakuläre Ausblicke sorgte. Der Regen hat inzwischen zum Glück auch aufgehört, so dass man eine atemberaubende Aussicht auf die mit Regenwald überzogenen Berge und Täler hatte.

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Nach guten vier Kilometern war dann der höchste Punkt der Strecke erreicht. Das GPS zeigt knapp 1000 Höhenmeter an. Fazit soweit: kein Pappenstiel. Stufen hoch und Stufen runter. Aber sehr gut soweit. Auch noch keine Möglichkeit gehabt sich zu verlaufen.
Auf dem Gipfelplateau hatte man dann auch ne recht gute Rundumsicht, der ideale Ort für eine Halbzeitpause.

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Sogar den Boiling Lake konnte man anhand seiner Dampffahne orten.

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Doch bis dahin wars noch ein weiter Weg. Ein Weg der jetzt erst mal einem Berggrat folgte und sich anschließend ins Valley of Desolation, das Tal der Ödniss, hinunter schlängelte. Die Höhen die die Stufen inzwischen überwunden wurden zunehmend größer, teilweise war klettern angesagt. Man erreicht dann ein Rinnsal welches man überqueren muss und findet sich kurz darauf in einer absolut unwirtlichen Umgebung wieder. Keine Pflanzen mehr, nur Matsch und Steine. Und Schwefel, der auch sehr deutlich mit der Nase wahrnehmbar ist. An Geräuschen hört man jetzt nur noch ein blubbern uns zischen und der Dampf der aus dem Boden aufsteigt vernebelt einem, gerade als Brillenträger, gehörig die Sicht.

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Da kommt man runter

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Wie ich beim Rückweg festgestellt habe hab ich hier den Pfad verlassen. Die Neugier hat mich natürlich auf das Feld mit den dampfenden Quellen gezogen. Mein Weg war teilweise sehr steinig und ich musste ein paar mal nen anderen Weg einschlagen um Bächen und Quellen auszuweichen und das Ende des Tals zu erreichen. Denn obwohl ich nicht mehr auf dem Weg war, war klar, dass es nur in diese Richtung gehen konnte. Die Bäche die hier so durch dieses Feld fließen sind übrigens tatsächlich heiß. Näher als auf einen Zentimeter wollt ich mit meiner Hand da nicht rankommen, es war einfach zu heiß. Auch meinen Wanderstiefeln wollt ich das nicht antun, daher meine gelegentlichen Umwege auf dem Weg zum Talausgang. Ein bisschen ein mulmiges Gefühl hatte ich aber um ehrlich zu sein schon, hätt ja sein können, dass da plötzlich vor mir (oder unter mir) so ein Geysir losbricht. Aber es ist alles gutgegangen. Am unteren Ende des Valley of Desolation angekommen war ich mir wieder sehr sicher auf dem richtigen Weg zu sein. Hier musste ich jetzt eine ganze Weile all dem Wasser folgen das aus dem Valley so herausfließt.

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Blick zurück ins Valley of Desolation

Das sehr mineralhaltige Wasser das hier fließt hat auf den Steinen an manchen Stellen eine weiße Ablagerung hinterlassen die ich dafür nutzte mich hier zu verewigen. Nun verewigen ist wohl ein schlecht gewählter Begriff, ich bin mir sicher, dass man das schon morgen nicht mehr sehen können wird. Geschrieben hab ich übrigens mit meinem Zeigefinger, hier war das Wasser inzwischen soweit abgekühlt, dass ich die Buchstaben Strich für Strich setzen konnte.

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Eine weitere Überraschung die ich entdeckt habe: ein kleines Rinnsal mir pechschwarzem Wasser. So was hab ich auch noch nie gesehen. Und das war Wasser, kein Öl.

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Irgendwann gingen dann nach links wieder ein paar Stufen steil nach oben. Wolken haben sich inzwischen alle aufgelöst und es war richtig heiß. Dazu die extreme Luftfeuchtigkeit, das macht die ganze Sache schon sehr anstrengend. Obwohl ich ja eigentlich doch recht häufig auch längere Touren gehe muss ich sagen, dass ich hier inzwischen echt zu kämpfen hatte. Aber die Umgebung entschädigt für die Strapazen. Nach einigen hundert Stufen hoch und runter, mehr hoch als runter um genau zu sein, öffnete sich das nächste große kahle Gebiet. Sah aus als wäre da ein gutes Stück vom Berg abgerutscht.

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Über dieses Geröllfeld hinweg war der Weg auch wieder ganz gut zu sehen. Dann kam ich wieder an einen etwas größeren Bach, der führte wieder heißes und dampfendes Wasser. Für einen Moment war ich unschlüssig ob ich dem nach unten folgen soll oder ob ich ihm nach oben folgen soll. Denn gegenüber war nur eine Felswand. Ein Blick zum Himmel hat mir dann aber gesagt, dass ich wohl nach oben muss, denn am Himmel sah ich weiter oben sehr viel Dampf aufsteigen, was mich auf den Boiling Lake schließen ließ.
Also bin ich dem Fluß im Flussbett nach oben gefolgt.

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Wie sich bei meinem Rückweg herausstellte bin ich hier das zweite mal vom Weg abgekommen. Tatsächlich hätte ich den Fluß queren müssen, ein kurzes Stück den Felsen hochklettern, und dann wäre ich auf dem Wanderpfad gewesen der recht einfach bergauf führte. Ich hab mich jedoch unfreiwillig für die „etwas“ härtere Variante entschieden.
Schwierigkeit 1: fast kochendes Wasser, da möchte ich nicht mit den Schuhen reintreten oder gar reinfallen.
Schwierigkeit 2: der aufsteigende Dampf hat mir mit meiner Brille ordentlich die Sicht genommen.
Schwierigkeit 3: kein festgetretener Pfad vorhanden, ich musste mir meinen Weg suchen und von Stein zu Stein hüpfen.
Schwierigkeit 4: viele der Steine waren lose und/oder glitschig.
Alles in allem bin ich da etwa hundert Meter hoch. Extrem anstrengend, jeder Schritt musste vorher geplant und dann präzise ausgeführt werden. Auf halbem Weg nach oben hab ich mir schon gedacht, dass das nicht der richtige Weg sein kann, denn selbst mit Guide hätte das die Mehrzahl der paar Leute die ich unterwegs getroffen hab da nicht hochgeschafft. Es hätte wohl auch kein Guide das Risiko auf sich genommen, dass hier einer seiner Schützlinge stürzt und sich entsprechend verletzt.
Wie gesagt, nach einer ordentlich anstrengenden Kletterei das Flussbett rauf bin ich dann wieder auf den richtigen Weg gestoßen. Von da an wars ein Kinderspiel. Noch etwa dreihundert Meter über halbwegs flaches Gelände und ich war am Ziel.

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Am Boiling Lake hat Reinhard schon sehnsüchtig auf mich gewartet, denn ich hab die Verpflegung im Rucksack gehabt. Und ich brauchte jetzt auch dringend eine Pause, denn ich merkte, dass ich inzwischen nahe an die Grenzen meiner physischen Belastbarkeit gelangt bin.
Also Pause gemacht und den Boiling Lake bewundert. Ein Krater von etwa 80 Meter Durchmesser an dessen Rand wir etwa zehn Meter über dem See saßen. Der See selbst hatte eine graue Färbung und war praktisch ständig in eine Dampfwolke gehüllt, was das Fotografieren schwierig machte. In der Mitte des Sees stieg kochendes Wasser auf und sorgte für Dampfnachschub. Ein beeindruckendes Spektakel.

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Bis hier her bin ich fünfeinhalb Kilometer gelaufen, das ganze in einer Zeit von knapp zweieinhalb Stunden. Nach einer viertel Stunde Pause ging es dann auf den Rückweg. Diesmal durchweg auf den richtigen Pfaden. Wieder all den Weg zurück. Ich muss sagen, ich war ziemlich außer Puste. Hätte nicht gedacht, dass mich die eigentlich kurze Strecke so mitnimmt. Aber all die Stufen haben schon ordentlich geschlaucht.
Eine Gelegenheit zum entspannen hatten wir dann doch noch, kurz bevor wir das Valley of Desolation wieder hochgelaufen sind. Denn der kleine Fluß der aus dem Tal rausfließt formt hier an einer Stelle einen natürlichen Pool. Da wollten wir natürlich mal schauen ob man da nicht ein kleines Bad im heißen Quellwasser nehmen kann. Man kann. War nur mit etwas Kletterei verbunden in den Pool runter zu kommen. Da ich von der Wanderung ziemlich aufgeheizt war kam mir der Gedanke hier in heißem Wasser baden zu gehen erst mal etwas abwegig vor. Aber wenn man sich erst mal überwunden hat und ganz drin war war es echt angenehm. Sehr entspannend.

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Nach dem abtrocknen und anziehen ging’s wieder weiter. Reinhard und ich haben uns unterwegs wieder getrennt. Und ich hatte echt zu kämpfen da diesen Berg am Ende des Valleys hochzuklettern. Und es hat einfach nicht aufgehört nach oben zu gehen. Es ist echt schon lange her, dass ich mich das letzte mal so geschunden hab. Irgendwann hab ich dann wieder den höchsten Punkt der Route erreicht, knappe 1000 Meter. Zeit für eine fünfminütige Pause. Vier Kilometer hatte ich ab dort noch vor mir. In dem Gelände wohl noch knappe zwei Stunden. Es war eine Qual. Mir ging’s zu dem Zeitpunkt echt nicht gut. Aber irgendwann ging’s dann wieder. Je weiter ich nach unten kam, desto besser liefs wieder. Als ich dann wieder am Begin des Wandertrails auf etwa 400 Meter angekommen war hab ich mich wieder komplett normal gefühlt. Wenn ich so drüber nachdenke, ich war ja etwas mehr als die letzten fünf Monate durchgehend auf Meereshöhe. Da dann plötzlich auf 1000 Meter duch die Gegend zu wandern bei Hitze und hundert Prozent Luftfeuchtigkeit ist vielleicht auch etwas sehr ambitioniert…
Am Ende/Anfang des Pfades hab ich Reinhard wieder getroffen. Da stand so eine kleine Hütte rum in der man sich hinsetzen konnte und eine Frau hat eiskaltes Bier aus der Kühlbox verkauft. Das Bier hab ich mir mehr als verdient. Kubuli, gebraut auf Dominica.

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Gleich hier bei der Hütte war auch die Titou Schlucht, etwa 10 Meter tief und zwischen einem und drei Meter breit. Gesehen haben diese Schlucht wohl schon die meisten, ohne es richtig zu wissen. Denn hier wurde eine Szene aus dem zweiten Teil von Fluch der Karibik gedreht. Da mussten wir natürlich auch eine Runde schwimmen gehen. Das Wasser hier war angenehm kühl, genau das richtige um runter zu kühlen. Reinschwimmen konnten wir in die Schlucht auch, die Strömung war nicht all zu stark. Hat schon ein beeindruckendes Bild abgegeben, diese enge Schlucht, begrenzt von glatten Felswänden und wenn man nach oben sah hat man nur das Blätterdach des Regenwalds gesehen.
Nach dieser Abkühlung ging es nun darum eine Mitfahrgelegenheit zurück nach Roseau zu organisieren. Als wir grade aufbrechen wollten kam eine Gruppe von etwa 30 Deutschen an, Tagesausflug eines Kreuzfahrtschiffs. Da hab ich mal beim Oberaufseher gefragt ob die nicht noch zwei Plätze frei haben. Wir wurden dann von einem Fahrer zum nächsten geschickt, mit dem Ergebnis, dass die uns rechtlich nicht mitnehmen durften. Tja, kann man nichts machen. Also haben wir uns zu Fuß auf den Weg gemacht. Aber schon nach etwa einem Kilometer haben wir dann zwei Deutsche mit Mietwagen gesehen die in die selbe Richtung fuhren. Die haben uns dann freundlicherweise mit nach Roseau genommen. Wir hatten also echt Glück was unseren Transport heute anging. Das letzte Stück zum Boot sind wir gelaufen, aber das waren nur noch knappe zwei Kilometer. Wir sind gerade rechtzeitig angekommen um noch den Sonnenuntergang mit einem Bier an Deck zu genießen.
Auf großartig kochen hatte ich auch nicht mehr so wirklich Lust, deshalb gabs nur schnell ein paar Bohnen mit Zwiebeln und Knoblauch, dazu zwei kleingeschnittene Wiener und das ganze in Tomatensauce. War ganz gut. Den Abend haben wir noch damit beendet Oceans 13 zuende anzusehen.
Gegen halb elf hab ich mich dann in meine Kajüte verzogen und noch ein paar Stunden versucht Blogeinträge nachzuholen.

Segel setzen!

Frühstück gab’s heute um acht Uhr. Ich hab ja schon gemerkt, dass es hier an Bord eigentlich an nichts mangelt. Aber die Pfannkuchen mit Ahornsirup zum Frühstück haben mich dann doch etwas überrascht.
Da wir heute abend nach Dominica aufbrechen wollten mussten wir heute noch die ganzen Formalitäten beim Zoll und der Immigration erledigen. Also sind wir per Dinghy in den Hafen gefahren und zum Customs Office gegangen. Dort wurde ich dann auf die Crewliste eingetragen und wir beide wurden aus Saint Lucia abgemeldet. Ist doch alles etwas aufwändiger als wenn man mit dem Flugzeug irgendwo hinfliegt. Hat ne gute halbe Stunde gedauert bis das alles erledigt war.
Anschließend musste ich noch ne Postkarte schreiben und hab mit mir gerungen ob ich nicht 30 US$ in ein Paar Flossen investieren soll. Denn wenn man per Schiff reist bietet sich sicher die ein oder andere Gelegenheit mal eine Runde Schnorcheln zu gehen. Und wenn ich immer meine Kamera in dem Händen halte bin ich beim Schwimmen schon stark eingeschränkt, da wären Flossen echt ne Erleichterung. Ich hab mich letztendlich dazu entschlossen sie zu kaufen.
Wieder auf dem Katamaran angekommen haben wir uns erst mal ein paar Stunden zum Schlafen hingelegt, denn gegen 18 Uhr wollten wir aufbrechen nach Dominica. Da kann es sicher nicht schaden ausgeruht zu sein. Und ob müde oder nicht, das leichte hin und her Geschaukel bringt einen schnell ins Land der Träume.
Gegen vier bin ich wieder aufgestanden um noch was zu essen zu kochen bevor wir aufbrechen. Es gab Hähnchen mit Reis.
Und kurz vor Sonnenuntergang wars dann soweit. Ich hab meine erste Lektion im Anker lichten erhalten und wir sind aus der Rodney Bay rausgefahren.
Als wir genügend Abstand zum Land und damit halbwegs konstanten Wind hatten haben wir die Genua und das Hauptsegel aufgezogen und die Motoren abgestellt. Ein starkes Gefühl sich nur so vom Wind angetrieben übers Meer zu bewegen.
Solange wir noch im Windschatten von Saint Lucia waren waren die Wellen eigentlich noch nicht der Rede wert. Als wir aber aus dem Windschatten rauskamen und den vollen Wind aus Osten abbekamen sind Wellen schon deutlich größer geworden. Also so richtig. Immer schön gegen die rechte Seite vom Katamaran. Das Steuer mit all den Instrumenten war draußen auf Deck angebracht, deshalb haben wir durch die Wellen alle paar Minuten eine ordentliche Dusche abbekommen. Das war wieder mal eine der seltenen Gelegenheiten in denen meine Regenjacke zum Einsatz kam. Gebracht hat sie aber um ehrlich zu sein kaum was. Eigentlich gar nichts. Aber es war trotzdem super. Man muss sich ordentlich festhalten, es geht rauf und runter, man schaukelt links und rechts und kriegt immer wieder ne Salzdusche ab. Dazu kommt dann noch der herrlich frische Wind der einem ums Gesicht weht. Und nicht zu vergessen das Gefühl von grenzenloser Freiheit.
Nebenbei hat Reinhard mir noch die Instrumente erklärt. Tiefenmesser, Windmesser, Geschwindigkeitsanzeige, Funkgerät, Kompass und Autopilot. Unser Kurs nach Dominica war praktisch immer direkt nach Norden, den hat der Autopilot für uns gehalten. Unsere Aufgabe war eigentlich nur nach anderen Schiffen Ausschau zu halten und bei Kollisionsgefahr gegebenenfalls eine Kursänderung vorzunehmen. Und der Wind musste natürlich noch im Auge behalten werden, denn wenn er zu stark werden würde hätten wir die Segelfläche reduzieren müssen. Eigentlich alles ganz einfach.
Wir wollten uns alle drei Stunden auf der Wache ablösen, dass heißt ich konnte erst mal von 20-23 Uhr schlafen gehen. Hab mich also in mein Bett gelegt und versucht zu schlafen. Man kennt das ja aus dem Flugzeug wenn man da versucht zu schlafen und das dann durch Luftlöcher immer etwas hin und her schwingt und man so ein bisschen das Gefühl hat zu fallen. Dieses Gefühl ist überhaupt nicht mit der Situation hier auf dem Katamaran vergleichbar. Bei drei Meter Wellen stellt man sich lieber mal ne richtig gute Achterbahn vor bei der man manchmal aud dem Sitz abhebt, mal in den Sitz gepresst und man von links nach rechts und umgekehrt geschleudert wird. Das ganze halt im liegen und ohne Sicherheitsbügel. Dazu kommt dann das richtig laute Klatschen der Wellen gegen das Schiff, das nicht nur nen guten Sound erzeugt sondern den Katamaran auch von Zeit zu Zeit richtig schön zittern lässt.
Aber: Ich konnte selbst dabei schlafen, nicht mal schlecht. A propos schlecht: Ich bin zu meiner großen Überraschung nicht ein bisschen seekrank geworden. Da war ich echt froh drum.
Als ich dann um elf mit Wache halten dran war lief eigentlich alles ganz gut ab. Wir hatten konstanten Wind von um die 25 Knoten und haben gute 8 Knoten Fahrt gemacht. Andere Schiffe hab ich nur eins gesehen, das war ein Frachter kurz vor Martinique, der war aber einige Seemeilen von unserem Kurs entfernt. Sonst war nichts außergewöhnliches.
Als wir dann westlich von Martinique waren sind wir voll in den Windschatten der Insel geraten und hatten für etwa eine Stunde totale Flaute. Da mussten wir die Motoren anwerfen um vorwärts zu kommen. Nachdem wir Martinique passiert haben ging’s aber wieder und wir hatten wieder guten Wind bis Dominica was wir bei Sonnenaufgang um kurz vor sechs erreicht haben.
Als wir und unserem ausgesuchten Ankerplatz genähert haben kam ein Motorboot auf uns zu und hat neben uns gehalten um uns zu sagen, dass man hier nicht ankern kann sondern an einer Boje festmachen muss. Also sind wir zur letzten freien Boje (Glück gehabt) hin und haben dort festgemacht.
Die Bucht hier sieht schon mal echt gut aus, ringsum grüne Berge. Aber für uns war nach der Nacht jetzt erst mal ne Runde schlafen angesagt.
Fazit meiner ersten Segeltour: Klasse. Das ist was was ich öfter und länger machen könnt.