Segeln nach Sint Maarten

Um sechs Uhr war die Nacht heute schon wieder vorbei. Heute wollten wir die 45 Meilen nach Sint Maarten fahren und dafür müssen wir früh los.

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Letzter Blick auf Saint Kitts


Anker haben wir um sieben gelichtet und die Segel auch gleich aufgezogen. Mit dem Wind hatten wir ziemlich Glück, der kam verhältnismäßig konstant mit 20 Knoten aus Osten.
Die Wellen waren auch wieder etwas größer, die ein oder andere Dusche hat man da schon abgekriegt. Inzwischen gehört es für so etwas rauere Fahrten für mich irgendwie dazu mich ein bis zwei Stunden in meine Kabine zu legen. Die ist im vorderen Teil des Rumpfes, dass heißt da geht’s nochmal etwas mehr rund als im hinteren. Ich weiß nicht genau woran es liegt, aber ich finde es ist ein absolut faszinierendes Gefühl da dann auf dem Bett zu liegen und die Kräfte zu spüren die so auf einen einwirken. Man liegt da und spürt wie man durch die auf und abwärts Bewegenungen des Katamarans im Sekundentakt mal schwerer und mal leichter wird. Ab und zu kommen sogar sollche Wellen die einen ganz kurz aus dem Bett hochlupfen. In seitliche Richtung kriegt man eigentlich nur minimal was mit. Dazu dann noch das Rauschen des Wassers und das gelegentliche Donnern wenn der Rumpf mal wieder richtig aufs Wasser knallt. All das versetzt mich irgendwie in eine Art Trance, ich schlafe nicht wirklich, krieg noch jedes Geräusch und jede Bewegung mit aber ich bin total entspannt und meine Gedanken wandern so richtig umher. Am besten wohl mit dem Moment zu vergleichen kurz bevor man einschläft, nur eben zwei Stunden lang. Irre.
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Ein bisschen Schaukeln


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Saba


Gegen mittag bin ich wieder an Deck gegangen und gegen zwei haben wir Sint Maarten erreicht. Wir sind die südliche Simson Bay angesteuert und wollten eigentlich in die hinter einem schmalen Landstreifen liegende Lagune fahren um dort zu ankern. Allerdings kommt man da nur durch eine Zugbrücke rein die sich nur dreimal am Tag öffnet. Das letzte mal um 17:00 Uhr. Wir hatten nach unserer Ankunft also noch genug Zeit den Anker in der Bucht zu werfen, all die Seile und Leinen und Segel in Ordnung zu bringen und ne Kaffeepause einzulegen. Dabei konnten wir die auf dem Princess Juliana Airport startenden Flugzeuge beobachten, denn der Flughafen war gleich hier am Strand.
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Bis um kurz vor fünf haben sich alle nochmal hingelegt, ich bin wach geblieben und hab die Lage im Auge behalten. Kurz vor fünf wollten wir uns fertig machen die Brücke in die Lagune zu passieren, denn die Brücke ist nur für ein kurzes Zeitfenster geöffnet. Als wir den Anker hochgezogen haben ist dann natürlich passiert was in der Eile nicht hätte passieren dürfen: Die Ankerkette ist uns von der elektrischen Winde gesprungen und achtzig Meter Kette sind ins Meer gerauscht. Da kann man auch nichts anderes mehr machen als zu warten bis die Kette bis zu Ende ausrauscht und stoppt. Erst dann kann man sie wieder auf die Winde legen und den Anker erneut hochziehen. Aber das kostet natürlich Zeit. Dadurch haben wir auch die Öffnung der Brücke verpasst und waren gezwungen heute in der Bucht zu ankern. So schlimm wirds schon nicht werden, die Wellen hier sind auch nicht zu groß.
Um sechs sind wir nochmal kurz mit dem Dinghy an Land gefahren um uns die Öffnungszeiten der Brücke morgen zu  besorgen, einzukaufen und und beim Zoll zu melden. Allerdings haben wir verplant, dass heute Karfreitag oder sowas ist und damit so ziemlich alles hier geschlossen ist. Also müssen wir das alles morgen nochmal machen.
Zurück auf dem Katamaran haben wir uns gleich ans Abendessen zubereiten gemacht. Es gab die gestern gefangenen Fische, paniert und Natur, dazu Salat und irgendeine lokale Wurzel die wir vorgestern noch gekauft haben. Mit viel Salz hat die auch ganz ok geschmeckt.
Wie üblich nach einem Segeltag waren alle total müde und wir sind zeitig ins Bett gegangen.

Segel setzen!

Frühstück gab’s heute um acht Uhr. Ich hab ja schon gemerkt, dass es hier an Bord eigentlich an nichts mangelt. Aber die Pfannkuchen mit Ahornsirup zum Frühstück haben mich dann doch etwas überrascht.
Da wir heute abend nach Dominica aufbrechen wollten mussten wir heute noch die ganzen Formalitäten beim Zoll und der Immigration erledigen. Also sind wir per Dinghy in den Hafen gefahren und zum Customs Office gegangen. Dort wurde ich dann auf die Crewliste eingetragen und wir beide wurden aus Saint Lucia abgemeldet. Ist doch alles etwas aufwändiger als wenn man mit dem Flugzeug irgendwo hinfliegt. Hat ne gute halbe Stunde gedauert bis das alles erledigt war.
Anschließend musste ich noch ne Postkarte schreiben und hab mit mir gerungen ob ich nicht 30 US$ in ein Paar Flossen investieren soll. Denn wenn man per Schiff reist bietet sich sicher die ein oder andere Gelegenheit mal eine Runde Schnorcheln zu gehen. Und wenn ich immer meine Kamera in dem Händen halte bin ich beim Schwimmen schon stark eingeschränkt, da wären Flossen echt ne Erleichterung. Ich hab mich letztendlich dazu entschlossen sie zu kaufen.
Wieder auf dem Katamaran angekommen haben wir uns erst mal ein paar Stunden zum Schlafen hingelegt, denn gegen 18 Uhr wollten wir aufbrechen nach Dominica. Da kann es sicher nicht schaden ausgeruht zu sein. Und ob müde oder nicht, das leichte hin und her Geschaukel bringt einen schnell ins Land der Träume.
Gegen vier bin ich wieder aufgestanden um noch was zu essen zu kochen bevor wir aufbrechen. Es gab Hähnchen mit Reis.
Und kurz vor Sonnenuntergang wars dann soweit. Ich hab meine erste Lektion im Anker lichten erhalten und wir sind aus der Rodney Bay rausgefahren.
Als wir genügend Abstand zum Land und damit halbwegs konstanten Wind hatten haben wir die Genua und das Hauptsegel aufgezogen und die Motoren abgestellt. Ein starkes Gefühl sich nur so vom Wind angetrieben übers Meer zu bewegen.
Solange wir noch im Windschatten von Saint Lucia waren waren die Wellen eigentlich noch nicht der Rede wert. Als wir aber aus dem Windschatten rauskamen und den vollen Wind aus Osten abbekamen sind Wellen schon deutlich größer geworden. Also so richtig. Immer schön gegen die rechte Seite vom Katamaran. Das Steuer mit all den Instrumenten war draußen auf Deck angebracht, deshalb haben wir durch die Wellen alle paar Minuten eine ordentliche Dusche abbekommen. Das war wieder mal eine der seltenen Gelegenheiten in denen meine Regenjacke zum Einsatz kam. Gebracht hat sie aber um ehrlich zu sein kaum was. Eigentlich gar nichts. Aber es war trotzdem super. Man muss sich ordentlich festhalten, es geht rauf und runter, man schaukelt links und rechts und kriegt immer wieder ne Salzdusche ab. Dazu kommt dann noch der herrlich frische Wind der einem ums Gesicht weht. Und nicht zu vergessen das Gefühl von grenzenloser Freiheit.
Nebenbei hat Reinhard mir noch die Instrumente erklärt. Tiefenmesser, Windmesser, Geschwindigkeitsanzeige, Funkgerät, Kompass und Autopilot. Unser Kurs nach Dominica war praktisch immer direkt nach Norden, den hat der Autopilot für uns gehalten. Unsere Aufgabe war eigentlich nur nach anderen Schiffen Ausschau zu halten und bei Kollisionsgefahr gegebenenfalls eine Kursänderung vorzunehmen. Und der Wind musste natürlich noch im Auge behalten werden, denn wenn er zu stark werden würde hätten wir die Segelfläche reduzieren müssen. Eigentlich alles ganz einfach.
Wir wollten uns alle drei Stunden auf der Wache ablösen, dass heißt ich konnte erst mal von 20-23 Uhr schlafen gehen. Hab mich also in mein Bett gelegt und versucht zu schlafen. Man kennt das ja aus dem Flugzeug wenn man da versucht zu schlafen und das dann durch Luftlöcher immer etwas hin und her schwingt und man so ein bisschen das Gefühl hat zu fallen. Dieses Gefühl ist überhaupt nicht mit der Situation hier auf dem Katamaran vergleichbar. Bei drei Meter Wellen stellt man sich lieber mal ne richtig gute Achterbahn vor bei der man manchmal aud dem Sitz abhebt, mal in den Sitz gepresst und man von links nach rechts und umgekehrt geschleudert wird. Das ganze halt im liegen und ohne Sicherheitsbügel. Dazu kommt dann das richtig laute Klatschen der Wellen gegen das Schiff, das nicht nur nen guten Sound erzeugt sondern den Katamaran auch von Zeit zu Zeit richtig schön zittern lässt.
Aber: Ich konnte selbst dabei schlafen, nicht mal schlecht. A propos schlecht: Ich bin zu meiner großen Überraschung nicht ein bisschen seekrank geworden. Da war ich echt froh drum.
Als ich dann um elf mit Wache halten dran war lief eigentlich alles ganz gut ab. Wir hatten konstanten Wind von um die 25 Knoten und haben gute 8 Knoten Fahrt gemacht. Andere Schiffe hab ich nur eins gesehen, das war ein Frachter kurz vor Martinique, der war aber einige Seemeilen von unserem Kurs entfernt. Sonst war nichts außergewöhnliches.
Als wir dann westlich von Martinique waren sind wir voll in den Windschatten der Insel geraten und hatten für etwa eine Stunde totale Flaute. Da mussten wir die Motoren anwerfen um vorwärts zu kommen. Nachdem wir Martinique passiert haben ging’s aber wieder und wir hatten wieder guten Wind bis Dominica was wir bei Sonnenaufgang um kurz vor sechs erreicht haben.
Als wir und unserem ausgesuchten Ankerplatz genähert haben kam ein Motorboot auf uns zu und hat neben uns gehalten um uns zu sagen, dass man hier nicht ankern kann sondern an einer Boje festmachen muss. Also sind wir zur letzten freien Boje (Glück gehabt) hin und haben dort festgemacht.
Die Bucht hier sieht schon mal echt gut aus, ringsum grüne Berge. Aber für uns war nach der Nacht jetzt erst mal ne Runde schlafen angesagt.
Fazit meiner ersten Segeltour: Klasse. Das ist was was ich öfter und länger machen könnt.