Per Anhalter durch die Karibik

Gleich nach dem Frühstück sind wir an Land gefahren, denn wir alle brauchten dringend mal wieder Kontakt zur Außenwelt in Form eines WLAN Hotspots. Den haben wir in einem kleinen Café am Strand gefunden.
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Es is halt schon irgendwie Fluch und Segen zugleich. Reinhard hat heute ziemlich viel Zeit gebraucht um alles zu erledigen, deshalb sind Sara, Max und ich alleine zu ner Tagestour aufgebrochen.
Mein Vorschlag erst mal in den Carbits National Park zu gehen und dort das alte Fort Shirley zu erkunden hat sich durchgesetzt. Das Fort befand sich auf zwei Hügeln direkt neben der Bucht von Portsmouth in der wir geankert haben, wir hatten also ne ziemlich gute Aussicht auf unseren Katamaran.
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Auf einem recht steinigen Pfad ging’s dann rauf zum Gipfel von einem der beiden Hügel auf dem uns nochmal ne alte Kanone und ein schöner Blick auf das türkise Meer unter uns erwartete.
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Auf einem anderen Pfad sind wir auf die Ruine eines Offiziershauses gestoßen.
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Bei näherer Erkundung und nach ignorieren eines „Keep out“ Schildes sind wir noch auf was ganz interessantes gestoßen. Ein Raum, etwa nen halben Meter gefüllt mit kleinen Steinen. Erst beim näheren betrachten wurde uns klar was das wirklich war: mindestens 200 Jahre alte, angerostete Kanonenkugeln.
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Gegen zwölf waren wir wieder im Eingangsbereich des Parks uns wollten eigentlich noch in das Museum schauen das schon seit acht Uhr offen sein sollte. Aber auch die Leute in dem Kiosk nebenan konnten uns nicht sagen warum die Dame noch nicht da war. Die müsste aber gleich kommen hieß es. Also haben wir etwas gewartet. Und noch etwas. Und noch etwas.
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Gegen eins kam sie dann und hat auch noch so scheinheilig gefragt ob wir denn auf sie gewartet hätten. Aber das is halt die Karibik, da gehen die Uhren einfach anders. Das Museum war jetzt aber auch nicht der Hammer, da hätten wir auch drauf verzichten können.
Als nächstes stand auf unserem Programm ein kleiner Ausflug in die Berge, dort oben sollte eine kalte Schwefelquelle sein der wir einen Besuch abstatten wollten. Das wären so gute 6 Kilometer bis dahin gewesen und wir meinten das geht zwar schon, aber um Zeit zu sparen wollten wir parallel zum Laufen versuchen per Anhalter hoch zu fahren.
Eine Minute nach dem wir uns auf den Weg gemacht haben kam auch schon ein Auto an und die Frau hatte den selben Weg und hat uns mitgenommen. Darüber war ich im Nachhinein echt froh, denn die Strecke ging brutal steil den Berg hoch. Die musste in ihrem Jeep schon öfter in den ersten Gang schalten.
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Während der Fahrt hat sie uns dann auch von der Schwefelquelle erzählt und immer wieder von „boiling cold water“, also kochendem kalten Wasser, gesprochen. Daraus wurden wir aber nicht so ganz schlau was sie damit jetzt meinte.
Am Trail zur Quelle angekommen hat sie uns aussteigen lassen.

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Unsere Fahrerin


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Was gleich aufgefallen ist: Es war ziemlich kalt hier oben. Abgesehen von klimatisierten Räumen war das mit Sicherheit die kälteste Temperatur die ich bisher in der Karibik hatte. Aber die Landschaft war einmal mehr einfach nur umwerfend. Diese grünen Berge sind einfach traumhaft. Und dann hört man hier alle möglichen Tiere. Kühe, Ziegen, Affen, Papageien.
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Der Weg zur Quelle war recht kurz, und dort angekommen war zum einen klar warum man nicht drin baden konnte, denn die Pools waren zu klein, und zum anderen dass es sich tatsächlich um Schwefelquellen handelt, den der Geruch war schon extrem ausgeprägt. Deutlich mehr als im Gebiet um den Boiling Lake.
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Auch die Sache mit dem boiling cold water machte plötzlich Sinn. Das Wasser ist tatsächlich kalt, sieht aber mit den Blubberbläschen die da drin aufsteigen aus als würde es kochen.
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Danach ging’s zurück zur Straße und wir wollten selbiger folgen bis wir an der Ostküste wieder unten am Meer rauskommen. Auch nochmal gute 15 Kilometer Strecke die wir auch wieder teilweise per Anhalter bewältigen wollten. Aber das hat ewig gedauert bis da eins kam. Also ging’s erst mal zu Fuß los, noch ein ganz schönes Stück den Berg rauf.
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Irgendwann war dann die Passhöhe erreicht und wir konnten das Meer wieder vor uns auf der anderen Seite der Halbinsel sehen.
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Von da an ging’s fast ausschließlich bergab, bergauf waren nur noch kurze Passagen. Das ging natürlich ganz schon in die Knie. Die Straße war auch wirklich total verlassen, noch kein Auto kam an uns vorbei und ein Bauer mit seinem Hund war die einzige Person die uns begegnet ist.
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Der Weg zog sich ganz schön in die Länge und uns wurde bald klar, dass wir heute nicht mehr ankommen wenn wir keine Mitfahrgelegenheit finden. Und siehe da, schon hörten wir über uns ein sehr lautes Motorgeräusch. Ein kleiner LKW mit Ladefläche. Zweites Auto das wir sehen, zweites Auto das uns mit nimmt. Das wir so ein Glück haben hätt ich auch nicht gedacht. Also rauf auf die Ladefläche und ab ging die Fahrt. War doch ganz schön wild, so rauf und runter jnd um die Kurven… anfangs sind wir noch recht vorsichtig auf der Ladefläche gesessen.
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Doch mit der Zeit gewöhnt man sich an die Achterbahnfahrt und als unser Fahrer kurz an ner Quelle gehalten hat um seine Wasserflasche aufzufüllen hat er gemeint wir müssten da nicht sitzen, wir können ruhig auch stehen. Das war auch nochmal ne richtig krasse Fahrt.
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Absolut undenkbar in Deutschland, hier Alltag.
Nach einigen Kilometern war dann auch in einem Dorf an der Straße Schluß mit unserer Fahrt, wir haben uns bedankt und sind gutgelaunt weiter gelaufen.
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Unser Lastwagen


Immer weiter die Straße entlang. An nem kleinen Bach haben wir uns kurz etwas abgekühlt bevor es weiter ging.
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Kurz darauf ist uns ein Orangenbaum am Straßenrand aufgefallen und wir dachten uns: Warum eigentlich nicht ein paar Orangen frisch vom Baum? Also zum Baum, der ein bisschen an nem Abhang stand runter gegangen, raufgeklettert und ein paar reife Orangen gepflückt.
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Saftig waren die schon, nur nicht süß sondern eher sauer. Und massig Kerne hatten sie drin. Aber so als Snack für zwischendurch auf der Wanderung gar nicht verkehrt.
So gingen wir weiter und weiter und als wir gerade anfingen uns ein bisschen über den weiten Weg der noch vor uns liegt zu beschweren, hören wir doch glatt ein Geräusch. Der selbe LKW, der selbe Fahrer, alles aufsteigen. Der hat uns dann nochmal ein eher kurzes Stück mitgenommen bis wir im Dorf Vieille Case gekommen sind. Dort war für uns wieder Endstation und wir sind ausgestiegen und haben uns umgesehen. Denn hier sollte eigentlich die Kirchenruine stehen die als Drehort auch im zweiten Teil von Fluch der Karibik Verwendung findet. Nachdem wir aber mit ein paar Leuten aus dem Dorf gesprochen haben haben wir erfahren, dass die Ruine abgerissen wurde, weil zu gefährlich. Sehr ärgerlich, die hätt ich wirklich gern gesehen. Stattdessen gab’s eben den Blick aufs Meer. Auch nicht schlecht.
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Wir waren inzwischen auch alle richtig durchgeschwitzt und wünschten uns nichts sehnlicher als eine Abkühlung im Meer. Also sind wir immer weiter runter gelaufen bis wir jemanden getroffen haben der uns ein nettes Plätzchen empfohlen hat, den „Cool Pool“. Ein kleiner Felsenpool in einer netten Bucht. Erstklassig. Und natürlich alles für uns alleine, da war niemand sonst unterwegs.
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Die Abkühlung tat sehr gut und gutgelaunt machten wir uns wieder auf den Weg. Noch gute drei Kilometer bis wir die Hauptstraße erreichten von der aus wir hofften einen Bus zurück nach Portsmouth bekommen zu können. Aber die drei Kilometer hatten es in sich. Brutal steil ging die Straße hier den Berg hoch. Wir waren schon fast am verzweifeln als wir ein vertrautes Geräusch wahrnahmen. Und tatsächlich, wie auf Bestellung, der Retter in der Not. Unser grüner LKW. Diesmal waren schon sieben andere auf der Ladefläche. Also sind wir auch wieder zugestiegen.
Schon genial. Der fährt halt einfach hier entlang und funktioniert nebenbei noch wie ein Taxi, nur ohne Bezahlung. Wir sind sogar nen fünfminütigen Umweg gefahren um ein paar Leute abzusetzen.
Auf unserer Fahrt bis zur Hauptstraße hab ich mich auch mit einem von hier unterhalten und wir haben so über dies und das geredet. Unter anderem über die Preise für Mieten. Keine Ahnung ob man das so glauben kann, aber der sagte mir, dass man pro Zimmer einen US$ pro Monat Miete zahlt. Keine Ahnung ob das jetzt nur für Bürger von Dominica gilt oder generell (natürlich nicht für Touristen, die wenigen Hotels sind alle so ab 100 $ zu haben).
Unten an der Hauptstraße angekommen sind wir wieder abgestiegen. Ich hab mir schon überlegt wie lange das jetzt wohl dauert bis da ein Bus vorbei kommt der noch drei Plätze frei hat. Wir haben natürlich auch wieder per Anhalter versucht. Und, große Überraschung, keine drei Minuten vergehen bis ein Van anhält. Drin sitzen ein Mann und eine Frau und die nehmen uns mit. Die kommen ursprünglich aus Kalifornien, sind aber vor acht Jahren nach Dominica gezogen weil das hier einfach das Paradies auf Erden ist. Kann ich schon irgendwie verstehen. Etwas in Eile waren sie auch, deshalb war der Fahrstil auch etwas flotter, denn die waren unterwegs zu einem Treffen mit dem Premierminister und waren schon etwas spät dran. Aber nett, dass sie trotzdem angehalten haben.
Gegen fünf waren wir wieder zurück in Portsmouth. Haben noch schnell bei Cobra vorbei geschaut ob er die DVD für uns auftreiben konnte. War aber leider nicht der Fall. Also sind wir wieder zurück zu dem Café am Strand gegangen und baben dort gewartet bis Reinhard uns wie ausgemacht um kurz vor sechs abholt.
Zum Abendessen gab’s nochmal was experimentelles, denn man hat hier an Bord natürlich begrenzte Ressourcen undmuss verwenden was grad vorrätig ist. Reis mit Erbsen-Ananas Soße. War aber echt gut. Zum Abschluss des abends haben noch ne Runde Karten gespielt.
Der Tag war so ereignisreich, dass hier mal ein kleines Fazit über Dominica angebracht ist. Nach diesem 40 Kilometer langen Trip heute kann ich sagen, dass wir hier nur super nette Leute getroffen haben. Per Anhalter fahren funktioniert hier exzellent. Die Landschaft ist der absolute Hammer, die Berge, wie das Land geformt ist, so was hab ich noch nicht gesehen. Man kann sich einfach nicht dran satt sehen. Dominica einfach bei jedem Schritt atemberaubend. Und Früchte gab’s auch überall auf unserer Route. Gegessen haben wir zwar nur Orangen und Mangos frisch vom Baum, aber es gab auch Bananen, Plantains, Kokosnüsse, Soursap, Ananas und jede Menge anderer Früchte die ich nicht mal identifizieren kann. Also einen Dollar fürs Zimmer pro Monat und Essen holt man sich einfach frisch aus dem Wald. Dann könnt man hier schon ein schönes Leben führen…