Um halb zwei in der Nacht ging’s dann an Bord einer Boeing 747 der Ukraine International Airline mit Ziel Kiew wo ich in einen Flieger nach München umsteigen sollte.
Da sitz ich nun also, die Überreste des thailändisch angehauchten Abendessens der Ukraine International Airline vor mir. Wird wohl länger dauern bis ich mal wieder richtig gutes Thai Essen genießen kann. Draußen ist es noch dunkel, es ist halb vier, Ortszeit Bangkok. Vor mir liegen noch gut 9 Stunden Flug, die werd ich kaum durch schlafen, deshalb hab ich ein bisschen Zeit meine Gedanken nieder zu schreiben.
Tja, was denkt man in so einer Situation? Schwer zu sagen. Mein kleiner Ausflug um die Welt neigt sich definitiv dem Ende zu. Bisher knappe ein dreiviertel Jahre unterwegs und nur so einen winzigen Bruchteil der Welt gesehen. Viele Orte bereist in die ich nicht vorhatte zu gehen und andere Stationen ausgelassen von denen ich dachte ich sehe sie auf jeden Fall. War das gut so? Absolut. Ich hatte die schier unfassbar große Freiheit jeden Tag neu zu entscheiden was ich tue, fast völlig frei von äußeren Zwängen. Wer kann das schon ehrlich von sich behaupten? Alles ist so gelaufen wie es laufen sollte, alles hat sich irgendwie in das große Ganze gefügt und mich nun wieder in den Flieger zurück nach Deutschland steigen lassen. Wäre ich gern länger gereist? Nun, der Geschmack von Freiheit macht zweifellos süchtig. Was auf ein Jahr ausgelegt war wurde fast doppelt so lange. Ich hab lange nachgedacht und mit mir gerungen ob ich nun nach Deutschland zurück soll. Es war keine leichte Entscheidung. Ich hätte noch genug Geld gehabt um weiter zu machen, wobei Geld eigentlich keinen wirklich limitierenden Faktor darstellt. Aber irgendwann muss Schluß sein. Auch das hab ich immer mehr gemerkt, eine leise Stimme im Kopf die mit der Zeit lauter wurde und mich daran erinnerte, dass es auch noch ein anderes Leben gibt. Und dass ein Wechsel zurück zum „normalen“ Leben nicht zwangsläufig heißen muss, dass ich meine Freiheit aufgeben muss. Vielmehr werde ich versuchen mein Leben genau so selbstbestimmt weiter zu führen wie bisher. Nur eben ohne dabei groß durch die Welt zu reisen. Andererseits, wer weiß, vielleicht ist das ja sogar mal Teil meines Jobs? Es wird sich zeigen.
Ansonsten herrscht gewisse Vorfreude endlich mal wieder die Menschen zu treffen die ich so lange nicht gesehen habe. Und Brot. Gutes deutsches Brot. Kein Witz, wenn mich Leute fragen was ich aus Deutschland so vermisse, es ist das Brot. Worauf ich mich weniger in Deutschland freue? Hm, die vielen Vorschriften, Reglementierungen, bürokratischer Unsinn und so weiter müssten wegen mir nicht sein. Mir graut jetzt schon davor all den Kram zu erledigen der ansteht wenn ich wieder zurück bin. Krankenversicherung anmelden, Arbeitsamt, Steuererklärungen nacharbeiten und was weiß ich nicht noch alles.
Inzwischen hats hier etwas Turbulenzen, die ukrainische Durchsage fordert zum schließen der Gurte auf. Turbulenzen? Gab’s die auch während meiner Reise? Was lief schief? Mal nachdenken. Gestohlen ist mit nichts worden, überfallen wurde ich nicht. Das ein oder andere hab ich unterwegs vergessen (mein überaus geliebtes Handtuch in Marokko, diverser Kleinkram) manches ging kaputt (meine Kamera beim Tauchen; meine Brille ist nicht nur ultra zerkratzt sondern vor kurzem ist mit auch noch der Bügel abgebrochen; meine Isomatte hat sich etwas unschön verformt und ist nun deutlich weniger bequem; der Piezo von meinem Gaskocher ist hin; mein Zelt wurde in Spanien vom Fuchs etwas angeknabbert; mein Handy hat erstaunlich wenig abgekriegt, nur ein kleiner Kratzer; mehrere kleine Rucksäcke haben den Geist aufgegeben und mussten ersetzt werden, ebenso unzählige Flip Flops; viele meiner Klamotten sehen inzwischen doch arg verwaschen, löchrig, ausgeblichen und verformt aus). Schwer krank war ich nie, Unfälle hatte ich nur einen einzigen, in Indonesien etwas unsanft vom Roller gefallen. Die Narben davon sieht man allerdings heute noch, wird sich wohl auch nicht so schnell ändern. Ebenso ne etwas größere Brandwunde die ich mir an nem Auspuff zugezogen hab, auch in Indonesien. Klar, der ein oder andere Sonnenbrand war dabei, unzählige Mückenstiche, ein paar Magenverstimmungen. Eigentlich ne gute Bilanz, meine Auslandsreisekrankenversicherung musste ich nicht einmal in Anspruch nehmen.
Inzwischen wurde die Kabine verdunkelt, es ist halb fünf und die Turbulenzen sind vorüber. Zeit erst mal ein bisschen zu schlafen. Man hat hier erstaunlich viel Beinfreiheit in der Economy Klasse.
Inzwischen sind wir in Kiew gelandet, nach zwei Stunden Aufenthalt geht’s weiter. In weiteren zweieinhalb Stunden werde ich schließlich in München landen. Es fühlt sich immer noch nicht so an als würde ich nach hause fliegen, es ist kein anderes Gefühl als würde ich noch immer auf Reisen in ein neues Land fliegen. Sehr seltsam, das hatte ich eigentlich nicht erwartet. Aber ich habe tatsächlich nicht den kleinsten Anflug von Panik/Melancholie/Trauen/Freude/oder sonstiges außergewöhnliches. Es ist einfach nur der nächste Schritt.
Inzwischen bin ich in die nächste Maschine eingestiegen.
Wir wurden per Bus hin gefahren und das war dann so das erste mal, dass ich feststellte: Scheiße, ist das kalt hier. Jeder um mich rum stand da mit Mantel und voller Wintermontur während ich noch in T-Shirt und kurzer Hose war. Ich vermiss die Wärme jetzt schon. Grad eben fliegen wir über Österreich und was soll ich sagen? Alles voller Schnee. Es ist zum heulen, vielleicht hätt ich doch noch zwei, drei Monate mit meiner Rückkehr warten sollen…
Dann kam irgendwann die Landung in München. Die Bremsen haben etwas stark gequietscht, ein paar Fugendichtungen am Flügel flatterten (Ukraine International Airline scheint wohl bei so Kleinigkeiten an der Wartung zu sparen, auch eine Bordtoilette war defekt) und wir waren unten. Eine der wenigen Airlines bei denen nach der Landung noch der Großteil der Passagiere klatscht.
Tja, in München war das Wetter nun auch nicht besser. Bei der Einreisekontrolle meinte der Beamte nur: „Sie waren aber lange weg.“ Und ich hab endlich wieder deutschen Boden betreten. Sieht man das eigene Land nun irgendwie anders? Ich hab zumindest schon die Situation am Flughafen anders als sonst wahrgenommen denk ich. Bei den Reisenden konnte ich viele verschiedene Sprachen hören und beim Flughafenpersonal witzigerweise so gut wie nie Deutsch sondern Bayerisch. Ich hab dann erst mal ordentlich Klamotten ausgepackt und so ziemlich alles angezogen was ich hatte um dem kalten Wetter zu trotzen. Denn ich bin zu Fuß von Zuhause aus los gelaufen und zu Fuß wollte ich auch wieder ankommen.
Gerade als ich aus dem Flughafengebäude raus bin hats auch noch angefangen zu regnen, ideale Bedingungen für eine kleine Wanderung.
Aber es war nicht der erste Regen durch den ich gelaufen bin und so ließ ich den Flughafen langsam aber sicher hinter mir.
Es ging weiter nach Freising und langsam hatte ich Hunger. Mein letztes Essen ist auch schon ne Zeit lang her. Das erste was ich gefunde und hab war witzigerweise ein Thailändischer Imbiss, allerdings mit zehnmal so hohen Preisen wie ichs aus Thailand gewohnt war. Das musste dann nicht sein. Stattdessen bin ich weiter, durch Freising durch und in Richtung Pfaffenhofen.

Nach sechs Stunden Wanderung hab ich mich schließlich in Thalhausen in eine Wirtschaft gesetzt und erst mal was gegessen. Absolut lecker.
Als ich mit essen fertig war war es draußen schon dunkel. Aber ein bisschen wollte ich noch laufen, hier wars auch zum campen nicht so ideal. Ne gute Stunde bin ich also noch durch die Nacht gewandert ehe ich auf einer Wiese an der Amper mein Zelt aufschlagen konnte.
Hi Matze, das hast richtig super geschrieben, muß ich sagen, eine treffendere Wortwahl gibt es nicht! Jetzt verewige ich mich auch noch auf dem Blog, schließlich habe ich Dich ja ziemlich am Anfang ein Quäntchen begleitet. Freu mich, Dich wiederzusehen, Sveva meinte, Du sähst wie ein Eingeborener aus und ich freu mich für Dich, daß Du dies erleben durftest und das Glück Dir hold war! Hiermit beschließe ich mit einem Spruch von Paul v. Heyse: „Erdachtes mag zu denken geben, doch nur Erlebtes wird beleben.“
Schön das du wieder hier bist.